Was Kinderbetreuung kostet: Arme Städte, teure Kitas
Was Eltern für Kitaplätze zahlen, ist sehr unterschiedlich. Wo Länder wenig regeln, klafft die Schere zwischen reichen und armen Kommunen weit auseinander.
BERLIN taz | Es ist eine riesige gefühlte Ungerechtigkeit für Eltern: Je nachdem, wo sie wohnen, zahlen sie sehr unterschiedliche Gebühren für einen Kindergartenplatz, und häufig schwanken die Beträge schon regional. Während Heilbronn gar keine Gebühren erhebt, zahlt eine gut verdienende Familie in Tübingen keine 100 Kilometer weiter weg jährlich bis zu 3.700 Euro für zwei Kinder. Während Düsseldorf kostenfreie Kindergartenplätze bietet, zahlen Duisburger Eltern jährlich bis zu 2.700 Euro für zwei Kinder.
Die Erklärung ist meist einfach: Viele Kommunen müssen sparen. Duisburg ist so verschuldet, dass die Bezirksregierung ihr vorschrieb, Ermäßigungen für Kindergartenkinder wieder rückgängig zu machen.
"Kostenlose Kinderbetreuung in schweren Zeiten ist Luxus", sagt der Heilbronner Oberbürgermeister Helmut Himmelsbach (parteilos) der taz. Seine vergleichsweise wohlhabende Stadt leistet sich seit drei Jahren ihre großzügige Familienpolitik: "Als wir das damals entschieden, ging es den Städten insgesamt noch besser." Jährlich zahlt die Verwaltung etwa 2,5 Millionen Euro, um die Einnahmenverluste zu decken, und spart an Investitionen und Gebäudekosten.
Die Zeitschrift Eltern hat die Kindergartengebühren in den 100 größten deutschen Städten dokumentiert und spricht von einem "Gebührendickicht". Übersichtlicher wird die Lage, wenn man den politischen Einfluss der Bundesländer einbezieht. Wo die Länderregierungen ihren Kommunen freie Hand lassen, wie in Baden-Württemberg oder Nordrhein-Westfalen, müssen Eltern meist zur Haushaltskonsolidierung armer Gemeinden beitragen. Wo Landesregierungen die Spielräume stark eingrenzen, gibt es meist eine breite und günstige Kinderbetreuung, häufig zu Lasten der kommunalen Haushalte.
Die neuen Bundesländer, in denen die Betreuungsquote von Kindern unter drei Jahren wie auch über drei Jahren vergleichsweise hoch ist, machen besonders genaue Vorgaben. Ausnahmslos sind die Eltern hier zu Beiträgen verpflichtet, die aber nach Einkommen gestaffelt werden. In sächsischen Kommunen decken Elternbeiträge mindestens 20 Prozent, aber höchstens 30 Prozent der Betriebskosten.
Im bundesweiten Vergleich erweisen sich die sächsischen Großstädte als elternfreundlich. Doch viele klamme ostdeutsche Kommunen finden Möglichkeiten, die Kosten weiterzugeben. Potsdam und Cottbus, die im bundesweiten Vergleich relativ teuer sind, haben ihre Kitas zum Großteil privatisiert. Gleichzeitig gibt Brandenburg vor, dass Elternbeiträge "durch den Träger der Einrichtung festgesetzt und erhoben" werden. Die Frage, ob die Stadt die Kontrolle der Elternbeiträge durch die Privatisierung aus der Hand gegeben habe, wollte eine Sprecherin der Potsdamer Stadtverwaltung nicht beantworten.
In Mecklenburg-Vorpommern ist die Kinderbetreuung in Rostock und Schwerin von freien Trägern organisiert, die auch weniger zahlen dürfen als sonst im öffentlichen Dienst. "In kommunalen Einrichtungen wären wir an Tarife gebunden", sagte die Rostocker Sozialdezernentin Liane Melzer (SPD) der taz. "Freie Träger sind da flexibler."
Unterdessen steigen die Elternbeiträge wieder: Chemnitz hat sie bereits zum Mai erhöht, in Stuttgart soll das voraussichtlich zum September passieren. In Hamburg hat der schwarz-grüne Senat die Gebühren pro Kind und Monat um bis zu 100 Euro erhöht. Auch in Heilbronn, wo sich die Gewerbesteuereinnahmen 2009 halbierten, bleiben Krippenplätze beitragspflichtig.
Der Deutsche Städtetag klagt, dass sich die Sozialausgaben der Kommunen seit der Wiedervereinigung verdoppelt haben und gerade für die Kinderbetreuung Milliardenbeträge fehlen. Auch für den Ausbau der Krippenplätze bis zum Jahr 2013 seien die Kosten zu niedrig angesetzt, bemängelt der Geschäftsführer des Deutschen Städtetages, Stephan Articus.
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