Waldrodung in Paraguay: Abholzen per Dekret
Präsident Cartes ließ kürzlich auf seinem Landgut zwei Millionen Bäume fällen. Die Erlaubnis hat er sich selbst erteilt. Experten sind alarmiert.
![Horacio Cartes im Porträt Horacio Cartes im Porträt](https://taz.de/picture/2411351/14/19605688.jpeg)
Nach Paraguays Waldschutzgesetz von 1973 muss jeder Landbesitzer auf seinen Ländereien von mehr als 20 Hektar in bewaldeten Gebieten mindestens 25 Prozent des vorhandenen Waldes stehen lassen. Im September hatte Präsident Cartes die Grenze per Dekret auf 6 Prozent gesenkt. Bedingung: Die gerodete Fläche muss zur Agrarproduktion und Rinderzucht genutzt werden. Es geht nicht nur um Soja und Baumwolle, sondern auch um schnell wachsende Eukalyptusbäume.
Mit dem Dekret hat sich Cartes und den Rinderbaronen einen Freibrief für das Abholzen des Chaco ausgestellt, einer Region, die sich weit über Paraguay hinaus über Bolivien und Argentinien erstreckt. Auf den amerikanischen Kontinenten liegt Paraguay seit 1990 auf Platz eins in Sachen Abholzung. Jährlich verschwinden allein in Paraguay mehr als 252.000 Hektar Wald, eine Fläche so groß wie das Saarland.
Der Senat hat das Dekret als illegal bezeichnet
Der Umweltorganisation Guyra Paraguay zufolge gehen die Abholzungen gerade im Chaco weit schneller voran als im Amazonasgebiet. Am Freitag zogen Tausende UmweltschützerInnen mit einer Fahrzeugkarawane durch die Hauptstadt Asunción und drehten dabei auch eine Runde um die Residenz des Präsidenten. Gegenwind bläst dem Präsidenten auch aus dem Senat entgegen. Der hatte das Dekret als illegal bezeichnet und Cartes zur Rücknahme aufgefordert. Ein Gesetz könne nur durch ein anderes Gesetz, nicht aber durch ein Dekret geändert werden, so die Mehrheitsmeinung im Senat. Der Umweltrechtler und Anwalt José Méndez hat inzwischen eine Verfassungsklage gegen das Dekret eingereicht.
„Ein waldiges Ökosystem gegen beispielsweise Eukalyptus auszutauschen, was auch nur den Zweck erfüllt zu wachsen, damit es geschlagen werden kann, gefährdet die Umwelt nachhaltig,“ warnt der Umweltverband WWF. Neben Überschwemmungen und Erosion könnte es auch zu Klimaänderungen kommen. „Obwohl das Waldschutzgesetz in Paraguay existiert und 5.000 Anzeigen wegen Verstößen dagegen registriert wurden, kam es kaum zu einer Verurteilung. Die Gesetzlosigkeit grassiert bei der Abholzung weiterhin“, so Óscar Rodas von WWF Paraguay.
Die britische Umweltorganisation Earthsight hatte im Juli in einer Studie Paraguays Rinderwirtschaft als die stärkste treibende Kraft für die Abholzungen benannt, zugleich aber auch die Herstellung von Holzkohle kritisiert. Diese „trägt dazu bei, die Vorabkosten der Waldrodung für die Rinderzucht abzudecken“. Gerade das langsam wachsende Hartholz der Quebracho-Bäume sei wegen seiner heißen und raucharmen Verbrennung bei Grillfreunden beliebt. Nahezu die gesamte Holzkohle werde exportiert.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Verlierer der Wahlrechtsreform
Siegerin muss draußen bleiben
Tod von Gerhart Baum
Einsamer Rufer in der FDP-Wüste
+++ Nachrichten zur Ukraine +++
Gespräche bei der Sicherheitskonferenz