Waldgiraffe in Gefahr: Ein Opfer des Buschkriegs
Das Okapi steht auf der Roten Liste bedrohter Säugetiere ganz oben. Sein Habitat, Kongos Regenwald, ist Schauplatz von Gewalt und wird zudem abgeholzt.
BERLIN taz | Kaum ein Kongolese hat je ein Okapi gesehen, aber jeder kennt es: die Okapia johnstoni, eine ausschließlich im kongolesischen Regenwald beheimatete Tierart, die aussieht wie eine verunglückte Kreuzung von Pferd und Zebra, aber mit der Giraffe verwandt ist. Die Waldgiraffe braucht keinen langen Hals, weil sie am liebsten Blätter junger Bäume frisst, und die Streifen auf dem Hintern machen sie im Gestrüpp so gut wie unsichtbar.
Eigentlich perfekt, um Wilderern zu entkommen. Und um als Inbegriff des Rätselhaften, Versteckten zu dienen. Das Wasserzeichen auf manchen kongolesischen Geldscheinen ist ein Okapi, und es gibt einen Fantasieroman „Der Hintern des Okapis“, der von Halluzinationen und verschwundenen Ethnologen handelt.
Die einzigen Kongolesen, die diese Tiere in freier Wildnis kennen und schätzen, sind die Pygmäen der Ituri-Regenwälder, eine der ältesten indigenen Bevölkerungen der Erde. Ebenso wie die Pygmäen sind nun auch die Okapis vom Aussterben bedroht – Opfer der Dauerkrise der Demokratischen Republik Kongo. Das Wild der Region – einschließlich Elefanten und Schimpansen – ist im Nordosten des Kongo Freiwild. Wer hier überleben will, schließt sich entweder einer Miliz an, geht in die Goldminen in den Wäldern oder ins illegale Tropenholzgeschäft. Alles Aktivitäten, die für Okapis lebensbedrohlich sind. Die geschätzten Bestände sind in den vergangenen zehn Jahren von 40.000 auf 10.000 gefallen, sagen Naturschützer.
Von den 10.000 lebt die Hälfte im Okapi-Wildreservat Epulu, dem einzigen Ort, wo Außenstehende die scheuen Tiere besichtigen können. Das Reservat beheimatet nicht nur seltene Tiere, sondern auch Milizionäre. Im Juni 2012 verwüsteten Krieger des Buschkämpfers Morgan mit seiner Miliz „Wasserlöwen“ die Zentrale der kongolesischen Naturschutzbehörde ICCN in Epulu. Sechs Menschen fielen den „Löwen“ zum Opfer, ebenso 13 der 14 Vorzeige-Okapis. Kongos Armee rückte an, vertrieb die Miliz und verwüstete die Station ein zweites Mal, woraufhin auch das letzte Okapi starb.
Epulu wird jetzt wiederaufgebaut. Die Schreckensnachricht von dort erfuhren die Kongolesen übrigens aus dem am meisten respektierten, weil von der UNO aufgebauten Rundfunksender des Landes: Radio Okapi.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bundestag bewilligt Rüstungsprojekte
Fürs Militär ist Kohle da
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Kürzungen im Berliner Haushalt
Kultur vor dem Aus
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
BSW-Chefin im ZDF
Wagenknecht räumt Irrtum vor russischem Angriff ein
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren