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Waldbesetzung in HamburgVom Baum geholt

Am frühen Donnerstagmorgen hat die Polizei mit der angedrohten Räumung des Baumhauses im Vollhöfner Wald begonnen.

Die Aktivist*innen haben unzählige Seile durch den Wald gespannt Foto: Miguel Ferraz

Hamburg taz | Ob er freiwillig herunterkomme, wenn ihm eine Leiter hingestellt werde, fragt ein Polizist den Besetzer. Der Mann, der in einem Tripod hängt, einem Dreibein aus Holz, verneint. „Aus ethischen Gründen möchte ich so viel Widerstand leisten wie möglich“, sagt er. Dann wird eine Leiter an den Tripod gelehnt, ein Polizist klettert hinauf, sichert sich.

Jedes der drei Beine des Tripods wird jetzt von jeweils drei Polizisten gehalten. Ein weiterer sägt reihum stückchenweise die Beine kürzer. Solange, bis der Polizist sich und den Aktivisten das letzte Stück abseilt und beide am Boden ankommen. Die Aktion der Polizei sorgt für Protest unter den in den umliegenden Bäumen hängenden Besetzer*innen. Der Tripod sei nicht sicher, das Absägen der Stämme zu gefährlich. „Und ihr kümmert euch um unsere Sicherheit“, ruft eine Aktivistin.

Der Besetzer aus dem Tripod bekommt einen orangefarbenen Aufkleber auf die Brust, Fotos werden von ihm gemacht. Die Beamten sprechen kurz mit ihm, bevor er aus dem Wald gebracht wird, so wie vor ihm an diesem Tag schon einige andere Besetzer*innen.

Am frühen Donnerstagmorgen hatte die Polizei begonnen, das Baumhaus im Vollhöfner Wald zu räumen. Einen Tag vorher war ein Ultimatum abgelaufen, bis zu dem die Besetzer*innen den Wald räumen sollten. Die Besetzung sei eine nicht angemeldete Versammlung auf nicht öffentlichem Grund, die die Eigentümerin, die Hamburg Port Authority (HPA), nicht dulden müsse, sagte ein Polizeisprecher.

Die Polizei zerstört das Baumhaus

Polizei und Feuerwehr rückten mit großem Gerät an. Doch dahin, wo die Waldbesetzer ihr Baumhaus gebaut hatten, gelangt man nur zu Fuß. Eigentlich war das Waldgebiet als Hafenerweiterungsfläche vorgesehen. Am Dienstag verkündete der Senat, bis 2023 solle dort alles so bleiben, wie es ist. Den Besetzer*innen reicht das nicht. Sie fordern, dass die Fläche zum Naturschutzgebiet erklärt wird.

Bis Donnerstagmittag seilten die Kletterer der Polizei die Besetzer*innen aus dem Baumhaus ab. Danach wurde der Besetzer vom Tripod geholt. 17 Menschen wurden nach Polizeiangaben in Gewahrsam genommen, einige seien bereits am Nachmittag wieder freigelassen worden.

Doch wie sie die übrigen Besetzer*innen von den Bäumen herunterbekommen sollte, wusste die Polizei offenbar nicht. Die Besetzer*innen hatten mit Bergsteigerseilen unzählige Traversen durch das Gebiet gespannt, sogar bis auf die andere Seite der Alten Süderelbe, an der das Baumhaus stand. Gegen 17 Uhr zog sich die Polizei dann nach Angaben der Bürgerschaftsabgeordneten Christiane Schneider (Die Linke) weitgehend zurück. Sieben Aktivist*innen hingen da noch in den Bäumen. Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion kam am Nachmittag in den Wald.

Gudrun Schittek, Grünen-Abgeordnete der Bezirksversammlung Harburg, hatte zuvor versucht, die Besetzer*innen zu überzeugen, herunterzuklettern. Sie hätten ein Zeichen gesetzt, es sei aber zu gefährlich so hoch in den Bäumen. Die Besetzer*innen weigerten sich und sagten, sie müssten nicht so hoch klettern, wenn die Polizei nicht da wäre.

Umweltsenator nennt Einsatz überflüssig

Kritik am Vorgehen der Polizei kam auch von Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne). Er nannte den Einsatz auf Twitter überflüssig. Es bestehe keine Notwendigkeit für eine Räumung. Stephan Jersch, umweltpolitischer Sprecher der Linksfraktion, nannte die Räumung unbegreiflich. Es sei nicht hinnehmbar, dass Proteste kriminalisiert würden.

Dennis Gladiator, innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, sprach hingegen von einer rechtswidrigen Besetzung. Die Polizei habe mit der Räumung das Recht durchgesetzt.

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2 Kommentare

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  • 0G
    08069 (Profil gelöscht)

    Die Polizei hat nur das Recht durchgesetzt, so der innenpolitische Sprecher der CDU.



    Ich habe 22,75 Jahre als Polizeibeamter das sogenannte Recht durchgesetzt, bis ich es nicht mehr ausgehalten habe.



    Richtiger wäre die Aussage: Die Polizei hat eine kurzfristig getroffene, auf EINEM Gesetz basierende Entscheidung umgesetzt. Die Einteilung in Recht und Unrecht ist hier, genau so wie an vielen anderen Schauplätzen, nur etwas für Doofe oder Menschen, die sich nicht wirklich mit der Materie beschäftigen wollen.



    Tatsächlich tut die Polizei in solchen Fällen in der Regel das, was nur sehr wenige oder gar Einzelpersonen angeordnet haben. Das als Einzelner im Einsatz zu hinterfragen bietet sich nicht an, meistens führt es später zu schlechten Beurteilungsnotizen.



    Ein ganz wichtiger Tipp an alle Aktivist*innen: Egal was die treiben, bleibt ruhig und sachlich. Sobald es zu Gewalttätigkeiten kommt, sind die Vorgehensweisen klar, vorher herrscht meist Ratlosigkeit...

  • Sogar Anthropozentrist*innen sollte einleuchten, dass mensch Geld weder atmen noch essen kann, es aber Ökosysteme und somit Lebensräume für Fauna und Flora braucht, ohne die der Mensch nicht existieren kann. Und doch wird weiterhin bei einer bereits hohen Flächenversiegelung und Zersiedelung immer mehr zubetoniert, abgebaggert, abgeholzt, zugebaut, totgespritzt ... Was ist eigentlich deren Motto? Everyday against Future? (Literally) All for profit maximization?