Wahre Krimis: Blutgeschäfte oder Geldwäsche?
Der Bremer Klinikskandal beschäftigt weiter die Gerichte: Klinikchef bezahlte für ein nicht angelaufenes Projekt und beglich private Schulden aus der Klinikkasse.
In einem Nadelstreifen-Anzug betrat Andreas Lindner, Bremens bekanntester ehemaliger Krankenhaus-Chef, am Mittwoch den Saal 450 im Bremer Amtsgericht - als freier Mann und Zeuge. Ende letzten Jahres ist er aus der JVA Oslebshausen freigekommen, auf Bewährung.
Das Gericht soll aufklären, warum damals, als Lindner offenbar wenig kontrolliert in die Kasse seiner Klinik greifen konnte, zwischen ihm und Frank W. Geld geflossen ist. Frank W. hatte eine Abrechnung vorgelegt, Lindner abgezeichnet, "ohne das genauer zu kontrollieren" - 72.000 Euro. Im "Tagesgeschäft" sei das eine kleinere Summe gewesen, sagt Lindner heute. Dass Frank W. das Geld in bar haben wollte, sei kein Problem gewesen. Der Chef wies es an, die Kasse der Klinik zahlte die Summe aus. Offenbar traute sich niemand, das merkwürdig zu finden.
Und dann habe er, berichtete Lindner auf Nachfrage, dem alten Bekannten noch einen Briefumschlag in die Hand gedrückt - 3.000 Euro waren darin oder 5.000 Euro, das ließ sich nicht ganz klären, für Frau P., eine gemeinsame alte Bekannte aus Leipzig. Die wusste nämlich, dass Lindner einschlägig vorbestraft war und die Stelle als Klinikgeschäftsführer in Bremen niemals bekommen hätte, wenn er das wahrheitsgemäß angegeben hätte. "Druck gemacht" habe Frau P., erinnert sich Lindner, "Erpressung würde ich das aber nicht nennen".
Denn Frau P. habe alte Forderungen aus den 90er Jahren gegen ihn gehabt. Als sie hörte, dass Lindner in Bremen zu Lohn und Brot gekommen war, hatte sie sich offenbar daran erinnert. Während sie nämlich in Spanien im Gefängnis saß - mutmaßlich wegen Schwarzbauten -, hatte Lindner "ihre Wohnung verwertet", wie er selber sagt: hatte wertvolle Möbel, Teppiche und Schmuck versilbert und, wie sie findet, ihr viel zu wenig Geld dafür gegeben.
Im Jahre 2006 hat sie nun Geld bekommen, wie viel auch immer, und sich dann nicht mehr gemeldet, sagt Lindner. Ob dabei auch Geld aus der Kasse der Klinik floss, das soll nun das Gericht klären. Denn die Staatsanwaltschaft bezweifelt, dass Frank W. eine Gegenleistung erbracht hat für seine Rechnung. Er sollte Pressearbeit machen für das Lungenzentrum von Dieter Ukena und das Projekt einer Blutbank für "Muslim-Blut" vorbereiten: Muslime in Deutschland spenden Blut für die Kriegsgebiete im Nahen Osten, das war die Geschäftsidee. Mit Fachleuten seiner Klinik habe er das nicht besprochen, räumte Lindner ein. Das nährt den Verdacht, dass die Sache erfunden wurde, damit Lindner Schulden aus der Klinikkasse begleichen konnte.
Frank W. ist heute noch überzeugt von seiner Idee. Sogar den Sohn Gaddafis wollte er dafür einspannen. Das Gericht hätte das Verfahren gern mit einem Vergleich eingestellt - aber Frank W. sieht sich zu Unrecht angeklagt und will einen Freispruch. Auch, weil seine Rechnung an die Klinik doppelt so hoch war: Rund 70.000 Euro habe er noch zu bekommen, sagt er.
Der Prozess wird fortgesetzt.
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