piwik no script img

Wahlweise Wahlkreise

■ Initiative will Hamburger Wahlrecht ändern und Fünf-Prozent-Hürde senken

„Dieser Vorschlag rüttelt an den Machtstrukturen in dieser Stadt.“ Mit diesem Satz hat Manfred Brandt auch gleichzeitig das Haupthindernis für die von ihm angeschobene Volksinitiative zur Wahlrechtsreform angesprochen. Denn wenn die Ideen, die der neue Verein „Mehr Bürgerrechte“ ges-tern vorstellte, umgesetzt würden, dann würden nicht nur die Wahlen zu Bürgerschaft und Bezirken ganz anders ablaufen. Für viele Abgeordnete hieße das: Abschied vom sicheren Parlamentssitz. Einen roten Teppich wird die Hamburger Parteiendemokratie der Initiative nicht ausrollen.

Hermann Granzow, ehemals Chef des Landesrechnungshofes und jetzt einer von drei Vertrauensleuten der Initiative, spricht von einer „schleichenden Krise der Demokratie“, die man mit dem neuen Wahlrecht bekämpfen wolle. Eine Reform, die „der entscheidungsarm vor sich hin schwächelnden Bürgerschaft“ eine Blutauffrischung verpassen soll.

Der Verein will, dass die HamburgerInnen künftig KandidatInnen in Wahlkreisen wählen und auf einem zweiten Stimmzettel – wie mit der Zweitstimme bei der Bundestagswahl – die Mandatsverteilung bestimmen. Auf jedem der zwei Wahlzettel kann die WählerIn fünf Kreuze machen: alle für eineN KandidatIn, verteilt auf mehrere BewerberInnen unterschiedlicher Parteien oder für mehrere KandidatInnen einer Partei. Ebenso wie bei der Wahl zum Bundestag setzte sich die Bürgerschaft danach aus Abgeordneten zusammen, die in ihren Wahlkreisen gewählt werden und denen, die über eine Landeslis-te abgesichert sind. Die Fünf-Prozent-Hürde wird zu einer Drei-Prozent-Hürde, bei den Bezirkswahlen wird die Sperrklausel sogar völlig abgeschafft.

Rückendeckung kommt vom Verfassungsexperten der GAL, Martin Schmidt. Der findet einige Details zwar „zu kompliziert“, sagt aber grundsätzlich: „Hamburg braucht ein neues Wahlrecht.“

Der Verein geht jetzt daran, bis Ende August 20.000 Unterschriften für ein Volksbegehren zu sammeln. Peter Ahrens

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen