Wahlvorbereitung in Afghanistan: Nachfolger gesucht
Für Hamid Karsai beginnt die letzte Phase seiner Präsidentschaft. Seit Montag können sich Kandidaten für seine Nachfolge bewerben.
KABUL ap | In Afghanistan sind die Vorbereitungen zur Präsidentschaftswahl am 5. April angelaufen. Seit Montag können sich Kandidaten bei der Wahlbehörde für die Nachfolge von Staatschef Hamid Karsai bewerben, der nicht erneut kandidieren darf. Der Urnengang wird weltweit mit Spannung betrachtet, weil er in die letzte Phase vor dem geplanten Abzug der internationalen Kampftruppen Ende kommenden Jahres fällt.
Noch ist offen, wer für das höchste Amt in dem von jahrzehntelangen Konflikten und Kriegen zerrütteten Land mit 31 Millionen Einwohnern antritt. Die Anmeldefrist läuft bis zum 6. Oktober, und es wird erwartet, dass die ernsthaften Kandidaten bis kurz vor Schluss das Bewerberfeld analysieren und sich erst dann entscheiden. Neben einer deftigen Gebühr müssen die Kandidaten eine Liste mit 100 000 Unterstützern hinterlegen.
Als möglicherweise aussichtsreicher Anwärter gilt Außenminister Salmai Rassul, ein früherer Sicherheitsberater mit medizinischer Ausbildung, der sich eher im Hintergrund hält und auf den sich die vielen Parteien im Land einigen könnten. Spekuliert wird zudem über eine Kandidatur des früheren Außenministers Abdullah Abdullah, der 2009 gegen Karsai verlor, des früheren Finanzministers Aschraf Ghani, des früheren Innenministers Hanif Atmar, des Bildungsministers Faruk Wardak und des Abgeordneten Abdul Rab Rassul Sajaf, der als Islamist dem Westen suspekt ist.
Den neuen Präsidenten erwarten schwierige Aufgaben. Die Wirtschaft des bitterarmen Landes liegt darnieder und stützt sich auf internationale Hilfe; Parteien und Ethnien - rund 42 Prozent der Bevölkerung sind Paschtunen, 27 Prozent Tadschiken, neun Prozent Hassara und neun Prozent Usbeken - sind gespalten.
Auch ist der Konflikt mit den Taliban, die das Land von 1996 bis 2001 regierten, längst nicht bewältigt. Ihr Widerstand gegen die Regierung und die internationalen Truppen ist in den vergangenen Jahren wieder gewachsen, und es wird befürchtet, dass sie nach Abzug der Nato-Truppe Isaf noch stärker an Einfluss gewinnen. Friedensverhandlungen sind bislang nicht vorangekommen.
Die Wahl 2009 war überschattet von Betrugsvorwürfen. Der Experte Thomas Ruttig vom Afghanistan Analyst Network warnt, beim Urnengang im April könnte es ähnlich werden. Es gebe Berichte, dass es weit mehr Wahlunterlagen als Wähler gebe. Derzeit "muss man daran zweifeln, wie verlässlich diese Wahlen sein werden", sagte Ruttig.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss