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Wahlregistrierung im KongoBitte nicht lächeln, Madame

Alle Kongolesen bekommen neue biometrische Wahlausweise. „Es funktioniert gut, solange wir Strom haben“, sagt der Wahlhelfer.

13 Millionen Menschen wurden bisher laut Wahlkommission erfasst Foto: Simone Schlindwein

Goma taz | Christine Mapendo blinzelt in die Kamera und fängt an zu lächeln. „Bitte nicht lächeln. Sie müssen ernst gucken, Madame“, erklärt ihr Wahlhelfer Diedonné Mbujiriri.

Ein Kamerablitz durchzuckt das enge, dunkle Registrierungsbüro im Bürgermeisteramt im ostkongolesischen Goma. Sekunden später erscheint Christine Mapendos Foto auf dem Computerbildschirm. Wahlhelfer Mbujiriri ist zufrieden und speichert es ab. Dann fordert er die Kongolesin auf, alle ihre Finger einzeln auf einen Scanner zu drücken. Die Fingerabdrücke landen in der Datenbank der kongolesischen Wahlkommission (Ceni). Am Ende bekommt Christine Mapendo eine neue blaue Wählerkarte mit Foto.

Die Wählerregistrierung in der Demokratischen Republik Kongo ist in vollem Gange. 13 Millionen Menschen wurden bisher laut Wahlkommission erfasst – ein knappes Drittel der erwarteten Gesamtzahl.

Die Wahlregister sind ein explosiver Streitpunkt. Präsident Joseph Kabilas Amtszeit lief eigentlich schon im Dezember 2016 ab, doch Neuwahlen wurden nicht angesetzt. Grund: Die veralteten Wählerregister, die seit den Wahlen 2011 nicht aktuell gehalten wurden. Im Abkommen über eine Übergangsregierung, das sie am 31. Dezember schlossen, haben sich Opposition und Kabila-Lager jetzt verständigt, die Wählerregister bis Juli 2017 auf den neuesten Stand zu bringen, damit noch in diesem Jahr Wahlen stattfinden können.

Fast täglich Manipulationsversuche

Doch statt lediglich Neuwähler aufzunehmen und Tote zu streichen, hat sich die Wahlkommission vorgenommen, landesweit alle Wähler neu zu erfassen – mit neuen biometrischen Ausweisen. „Wir haben jetzt hochmoderne Ausrüstung wie Kameras, Fingerabdruckscanner und Computer“, erklärt Wahlhelfer Mbujibiri in Goma. Zwei Wochen lang wurde er an der Technik trainiert. „Sie funktioniert gut, solange wir hier Strom und Diesel haben“, sagt er. Draußen, vor dem engen Büro, knattert ein Dieselgenerator.

Über 9.000 neue Wählerkarten hat er in acht Wochen ausgestellt. Die Wahlkommission zieht seit Juli 2016 mit ihren Geräten nacheinander durch Kongos 26 Provinzen. Nord-Kivu, wo Goma liegt, kam im Dezember dran. Langsam lässt jetzt der Andrang nach. Waren es im Dezember täglich Hunderte, kommen jetzt nur noch ein paar Dutzend Kongolesen im Ceni-Büro von Goma vorbei. Hinter vorgehaltener Hand gibt der Wahlhelfer zu, dass eine der drei Maschinen schon den Geist aufgegeben hat.

Was in Großstädten funktioniert, kann in abgelegenen Dörfern im Chaos enden. Mancherorts müssen die Menschen Dutzende Kilometer zu Fuß zurücklegen, um ein Registrierungsbüro zu finden. Die UN-Mission im Kongo erklärte am Mittwoch, sie habe 20 Flugzeuge und 16 Hubschrauber zur Verfügung gestellt, um 1.800 Tonnen Wahlmaterial in abgelegene Gegenden zu bringen.

Fast täglich treffen Nachrichten ein, wie die Wahlregistrierung manipuliert oder gar verhindert wird. Im Distrikt Masisi westlich von Goma sollen sich die Kämpfer der ruandischen Hutu-Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) samt ihren Familien in die Wahlregister eingetragen haben. Dabei sind sie gar keine Kongolesen.

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