piwik no script img

Wahllos und ruppigSicherheitsdienst sorgt für Ärger

Die Universität Osnabrück hat einen Wachdienst engagiert, der Dealer vertreiben soll. Die sind jetzt weg, aber nun geht die Security laut Asta auch gegen Uni-Leute vor.

Manche Sicherheitsleute bringen eher Unsicherheit – das erlebt gerade der Asta in Osnabrück Foto: dpa

OSNABRÜCK taz | Der kleine Parkplatz neben der Osnabrücker Universitätsbibliothek zwischen Kamp und Alter Münze sieht friedlich aus: Kopfsteinpflaster, Bäume, Blumen. Viele Student*innen machen hier ein paar Minuten Pause, bevor es wieder reingeht zum Lernen, zu den Büchern. Aber seit ein paar Monaten ist mit dem Frieden vorbei.

Dealer nutzen den Ort als Umschlagplatz, Jugendliche trinken und schlagen hier die Zeit tot. Im Durchgang zum Gebäude des Asta stinkt es nach Urin. Bibliothekspersonal wird schon mal angepö­belt, bedrängt, bespuckt, manchmal drischt jemand den Schlagbaum runter, wenn Autos rein- oder rausfahren.

„Die Bibliothek hat einen eigenen Wachmann, für das Gebäudeinnere. Der war in letzter Zeit oft draußen als Begleitschutz gefordert“, sagt Uni-Sprecher Utz Lederbogen. „Viele weibliche Bedienstete trauten sich nicht mehr allein zu ihren Wagen.“

Vor rund zwei Wochen hat die Osnabrücker Uni dann reagiert und einen privaten Sicherheitsdienst aus dem niedersächsischen Hagen am Teutoburger Wald engagiert. Seither patrouillieren Sicherheitsleute auf dem kleinen Parkplatz der Unibibliothek. Schwarz uniformiert, Schäferhund bei Fuß. Die Universität hat hier das Hausrecht; der Parkplatz ist ihr Privatgelände.

Aber der engagierte Sicherheitsdienst löste das Problem nicht, sondern ist offenbar selbst zum Problem geworden. Das sagt zumindest der Asta. Auf dem Parkplatz bestehe zwar „definitiv Handlungsnotwendigkeit“, formuliert es Laura Boese, beim Asta Referentin für Hochschulpolitik, aber, so ihr Asta-Kollege Timo Böhmer, „es kommt dabei auf das Wie an! Und was dieser Sicherheitsdienst macht, ist absolut inakzeptabel.“

Viele weibliche Bedienstete trauten sich nicht mehr allein zu ihren Wagen

Utz Lederbogen, Sprecher der Uni Osnabrück

„Da werden wahllos Menschen vertrieben. Warum sich jemand dort aufhält, ob er negativ auffällt oder nicht, ist der Security offensichtlich egal“, sagt Birte Sprekker vom Referat für Politische Bildung, Kultur und Ökologie.

Sprekker spricht aus Erfahrung. „Wir kamen gerade von einem Asta-Treffen aus dem Gebäude, standen noch beisammen, haben uns unterhalten. Da hieß es vom Sicherheitsdienst: ‚Runter vom Gelände!‘ Die traten ziemlich aggressiv auf und haben schließlich die Polizei gerufen, vier Mann in zwei Streifenwagen, zur Aufnahme unserer Personalien.“ Mögliche Konsequenz: ein Strafverfahren wegen Hausfriedensbruchs.

Dazu wird es nicht kommen, versichert die Univerwaltung. Sprekker ist trotzdem empört: „Als wir die Sicherheitsleute nach der rechtlichen Grundlage fragten, kam nur die Antwort: ‚Die Paragrafen hat unser Chef‘.“ Bis Redaktionsschluss hat der private Sicherheitsdienst auf Nachfrage der taz sich nicht zu den erhobenen Vorwürfen geäußert.

Wer zum Asta-Büro will, muss über den Parkplatz gehen, viele Studierende gehen hier zur Bibliothek. „Gehen ist nicht so sehr das Problem“, sagt Boese vom Asta, aber wer stehen bleibe, riskiere, von den Sicherheitsleuten angesprochen zu werden. „Allein schon die Hunde machen Angst. Man hat auch nicht den Eindruck, dass die Hundeführer die immer im Griff haben und gut behandeln. Die Tiere reißen an der Leine, bäumen sich schon mal auf die Hinterbeine. Einmal wurde ein Hund sogar getreten“, sagt Boese.

Vorwurf: Racial Profiling

Vorkommnisse, auf die das Referat für Öffentlichkeitsarbeit des Asta am Dienstag mit einer Erklärung reagierte. In ihr fordert das Referat die Uni-Verwaltung auf, das Engagement der privaten Sicherheitsfirma zu beenden und „von ihrer autoritären Problemlösungsstrategie Abstand zu nehmen“. In der Erklärung werfen sie den Sicherheitsleuten zudem Racial Profiling vor – vor allem „migrantisch aussehende“ Jugendliche seien von den Kontrollen auf dem Parkplatz betroffen gewesen.

Am Mittwoch dann gab es eine Aussprache zwischen Asta und dem Uni-Präsidium. Ergebnis: Die Sicherheitsfirma bleibt engagiert, die Mitarbeiter patrouillierten weiter auf dem Parkplatz, vorerst. Aber es gebe, sagt Uni-Sprecher Lederbogen, „kurzfristig ein klärendes Gespräch“ mit dem Wachdienst, unter Beteiligung des Asta. Außerdem werde eventuell ein städtischer Sozialarbeiter hinzugezogen – und Baumaßnahmen, die den Parkplatz sicherer machen könnten, seien auch im Gespräch.

Wie es bis dahin weitergeht? In einem der Fenster des Asta-Gebäudes hängt eine hoffnungsvolle Botschaft: „Love must win!“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Großartig. Ein "Sicherheitsdienst" dessen Personal durch einen Sozialarbeiter gemeinschaftsverträgliches Verhalten beigebracht werden muss. Sowas kann leicht passieren, wenn man es mit dem Outsourcing zu weit treibt.

     

    Das hat vor etlichen Jahren in Berlin auch die BVG lernen müssen, als ihr der "Sicherheitsdienst" regelmäßig Fahrgäste zusammenschlug. (Darunter auch solche mit gültigem Fahrschein.)