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Wahlkrimi beim Parteitag in HannoverGauland und Meuthen neue AfD-Chefs

Die Wahl zum Co-Vorsitzenden neben Jörg Meuthen gerät zum Krimi. Dann springt Gauland ein – ein Tag, der zeigt, wie zerrissen die AfD ist.

Das neue Führungsduo der AfD: Alexander Gauland (rechts), Jörg Meuthen (noch weiter rechts) Foto: dpa

Hannover taz | Beim Bundesparteitag der AfD geriet die Wahl der neuen Spitze zu einem Krimi, allerdings erst bei Position zwei. Zunächst wurde der bisherige Parteivorsitzende Jörg Meuthen nach einer lauen Rede und ohne Gegenkandidat mit 72 Prozent der Delegiertenstimmen wiedergewählt. Während den ganzen Tag darüber gerätselt wurde, ob Alexander Gauland, Vorsitzender der Bundestagsfraktion wohl antreten werde, um den in der AfD als liberalkonservativ geltenden Berliner Landeschef Georg Pazderski zu verhindern, kam es am frühen Abend zunächst zu einer ganz anderen Konstellation.

Nachdem Gauland abgesagt hatte, schickte die Strömung „der Flügel“ um Rechtsaußen Björn Höcke Doris von Sayn-Wittgenstein, Landesvorsitzende in Schleswig-Holstein, gegen Pazderski ins Rennen. Die 63-Jährige hatte sich in ihrer Bewerbungsrede dafür gelobt, erst 2016 in die AfD eingetreten zu sein, denn als „Lucke-Partei“ sei die AfD „nicht vielversprechend“ gewesen.

Dann folgten zwei Wahlgänge. Im ersten Wahlgang lag Sayn-Wittgenstein mit 49 Prozent (Pazderski: 47 Prozent) vorn, im zweiten Pazderski mit 49 Prozent (Sayn-Wittgenstein) knapp 48 Prozent. Das reichte in beiden Fällen nicht. Nach kurzem Chaos wurde der Parteitag unterbrochen. Nach der Pause ziehen Sayn-Wittgenstein und Pazderski ihre Kandidatur zurück. Und der Mann, über den den ganzen Tag spekuliert worden war, trat an: Gauland.

Die Stellvertreter

Der Berliner Landeschef Georg Pazderski war zwar mit seiner Kandidatur zum Parteivorsitzenden gescheitert. Er wurde später jedoch zum ersten Parteivize bestimmt. Als weitere Stellvertreter konnten sich die Bundestagsabgeordneten Kay Gottschalk und Albrecht Glaser durchsetzen.

Er lasse sich in die Pflicht nehmen, um die Partei zu einen, sagte Gauland in seiner Bewerbungsrede. „Ich will, dass wir einerseits zu den Bürgerbewegungen stehen und andereseits konservativ-liberale Reformpartei sind.“ Am Ende bekommt Gauland knapp 68 Prozent der Stimmen, noch weniger als Meuthen. Ein Tag, der zeigt, wie gespalten die AfD ist. Und welche Macht der Flügel um Parteirechtsaußen Björn Höcke entfalten kann.

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5 Kommentare

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  • Mal ganz nebenbei: Guido Reil, der Steiger aus Essen Karnap, hat es auch geschafft. Nur mal so wegen "Rechtsverschiebung"

  • Bleibt nur die Hoffnung das je deutlicher der rechte Kern der AFD sichtbar wird, das der Wähler von diesem gefährlichen Kurs ablässt.

     

    Von daher kann man die Wahl des Gauleiters nur begrüßen.

  • "Zerrissen" .... Welche Partei ist das denn nicht?

    Höchstens die Liberalen, sonst haben alle anderen ihre eigentlich unvereinbaren Flügel.

    • @Frank Erlangen:

      CDU, CSU, FDP, Grüne sind in meinen Augen Parteien, die intern verschiedene Standpunkte haben, die aber entweder miteinander arbeiten können, oder aber eine Gruppe so klein ist, dass es kein Machtkampf auf Augenhöhe ist.

      ZB sind die rechten Kritiker Merkels in der CDU eher unbedeutend.

      Bei der AfD zeigt sich die Stärke des rechten Flüges, von der vorher immer gerne gesagt wurde, er sei zwar laut, aber klein.

      Bei den Linken würde ich sagen, dass es zwischen dem marxististisch-lenistischen Flügel und den Reformern (u.a.) eine kaum zu überbrückende Kluft gibt.

  • "Die 63-Jährige hatte sich in ihrer Bewerbungsrede dafür gelobt, erst 2016 in die AfD eingetreten zu sein, denn als „Lucke-Partei“ sei die Afd „nicht vielversprechend“ gewesen."

     

    Als der nationalliberale Lucke raus ist, haben die ganzen offen rechten Gestalten, die vorher ideologisch bei der NPD oder so beheimatet gewesen wären, das Signal erkannt und sich kurzerhand zur Übernahme entschlossen.

    Nachdem Petry ausgetreten ist, dürfte das den Trend vermutlich noch mal gestärkt haben, hat sich doch wiedermal gezeigt, dass die AfD eben eine echte rechte Partei ist und keine Wischiwaschi CSU, wie es immer argumentiert wird. Nun mit Gauland an der Spitzte werden auch die letzten Radikalen überzeugt...