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Wahlkampfthema RenteDie Opposition hat da Ideen

Linke und Grüne bringen Vorschläge für Mindestrenten in den Bundestag ein. Umgesetzt werden sie aber in dieser Legislaturperiode nicht.

Existenzminimum: Reicht die Rente für den Lebensabend? Foto: dpa

Berlin taz | Meine Rente. Längst nicht mehr nur Gesprächsthema am Seniorenstammtisch, sondern auch in sozialen Medien unter dem Hashtag „Altersarmut.“ Und wenn es nach der Opposition geht, auch im Wahlkampf: „Die Rente muss ein Thema bei der Bundestagswahl werden“, fordert der rentenpolitische Sprecher der Linkspartei Matthias W. Birkwald. Am Donnerstag brachten Linkspartei und Grüne ihre jeweiligen rentenpolitischen Vorstellungen in den Bundestag ein.

Die Linkspartei möchte das Rentenniveau auf 53 Prozent anheben und die Rentenentwicklung an die Lohnentwicklung koppeln. Für jene, die dann aus eigener Arbeitskraft immer noch nicht auf eine auskömmliche Rente kommen, schlägt die Linkspartei eine aus Steuern finanzierte Mindestrente von 1.050 Euro vor.

Um das zu bezahlen, soll staatliche Förderung privater Zusatzrenten abgeschafft und der Kreis der Beitragszahler ausgeweitet werden: auch Beamte, Abgeordnete und Selbstständige sollen in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert werden. Die Obergrenze für Einkommen, auf welches Beiträge gezahlt werden müsse, soll deutlich erhöht werden.

Den Kreis der Einzahler wollen auch die Grünen vergrößern und aus der Rente eine Bürgerversicherung machen. Das Grüne Konzept sieht ebenfalls eine steuerfinanzierte Mindestrente vor.

„Wer mehr als 30 Jahre lang gearbeitet hat, Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt, wer eine halbwegs intakte Erwerbsbiografie, aber wenig verdient hat, muss eine Rente oberhalb des Existenzminimums haben“, so Markus Kurth, der Rentenexperte der Grünen.

Analog zu den Grünen will Andrea Nahles das Rentenniveau stabilisieren

Die „Garantierente“ der Grünen garantiert 30 Entgeltpunkte – das entspräche derzeit einer Bruttorente von rund 914 Euro im Westen und 860 Euro im Osten. Der Unterschied resultiert aus den verschiedenen Rentenwerten.

„Einen schlechten Witz“ nannte Birkwald die Garantierente der Grünen, und arbeitete sich auch sonst am Konzept der Grünen ab. Das Rentenniveau lediglich nicht absenken zu wollen, reiche nicht aus.

Analog zu den Grünen will Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) das Rentenniveau stabilisieren und zwar bei mindestens 46 Prozent. Nahles schwebt ebenfalls eine solidarische Mindestsicherung vor. Der SPD-Abgeordnete Martin Rosemann nannte die Vorschläge seiner Parteifreundin in der Debatte „pragmatisch“ und wunderte sich, warum der Koalitionspartner nicht mitgehe.

Einigkeit bei Erwerbsminderungsrente

Nahles Vorschläge werden also in dieser Legislaturperiode nicht mehr umgesetzt, genau wie die Anträge von Linkspartei und Grünen. So wird eine grundsätzliche Rentenreform wohl doch erst im Wahlkampf wieder ein Thema werden.

Zuvor steht am Freitag aber noch die Erwerbsminderungsrente auf der Tagesordnung des Bundestags. Der Gesetzentwurf von Union und SPD sieht vor, dass Menschen, die vorzeitig aus dem Berufsleben ausscheiden müssen, etwa infolge eines Unfalls, besser als bisher gestellt werden. Sie bekommen drei weitere Arbeitsjahre für ihre Rente angerechnet. Selbst Birkwald zollt dem Gesetzentwurf Respekt: der Vorschlag gehe in die richtige Richtung.

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6 Kommentare

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  • Ist ja alles schön und gut (und wäre bestimmt auch realisierbar, wenn die Machtverhältnisse in Deutschland ein wenig anders aussähen).

     

    So wird es nicht nur mittelfristig auf eine immer brisantere Spreizung von Renten und Pensionen hinauslaufen. Wer weiß? Vielleicht schlummert in einer Schublade Herrn Schäubles sogar ein alternatives Konzept, das die anstehenden Finanzierungsprobleme endlich mal nachhaltig lösen würde: Die Beiträge für pflichtversicherte Arbeitnehmer werden schlagartig verdoppelt und im Gegenzug deren Rentenansprüche halbiert.

     

    Übrigens: Selbst so eine „Reform“ würde von den Betroffenen weitestgehend geschluckt (ein zwei- bis dreimaliges Zeigen der kanzlerschen Raute dürfte dazu hinreichen).

  • " auch Beamte, Abgeordnete und Selbstständige sollen in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert werden."

     

    Das wird insbesondere den Abgeordneten - die dies beschließen müssten - wenig passen. Sind doch die Unterschiede der Rentenversorgung zwischen BVA-Rentnern und Abgeordneten geradezu gewaltig.

    • @A. Müllermilch:

      Volle Zustimmung - bedenken sie aber, dass die Renten der Beamten bisher direkt aus dem Staatssäckle "umfairteilt" wird.

       

      Wenn die Beamten nun ihre Rente selber bezahlen sollen müssen sie dazu zuerst vom Staat die entsprechenden Euros vom Staat aufs Konto bekommen.

       

      Sie zahlen zwar direkt - aber ist es nicht so dass Beamte auch schon jetzt einen Anspruch haben. Ob direkt oder indirekt irgendwo her muss das Geld jetzt schon kommen - etwas Beamtenneid und die direkt zahlen lassen wird also nicht wirklich viel zusätzliche Einnahmen generieren.

       

      Rentenpflicht für Selbstständige halte ich für wichtig. Wenn er verreckt dann muss auch die Gemeinschaft ihn auffangen.

      • @Thomas_Ba_Wü:

        Eigentlich einfach. 35% der Personalkosten gehen für Pensionen drauf. 65% für die Besoldung der Aktiven. Also für alle Beamten ein Rentenbeitrag von 53% (35% von 65%) auf das Bruttoentgelt. Das deckt wie in der GRV die laufenden Pensionszahlungen für Ruhestandsbeamte. Zwecks Besitzstandswahrung müssen die Bezüge dann um 53% erhöht werden. Das ist dann für die Beamten +-0. Für Neueinsteiger im öD müssten dann die Rentenbeiträge reduziert werden, bis sie der GRV entsprechen.

         

        Der rechnerische Rentenbeitrag von 53% zeigt, wie gewaltig die Probleme sind, die durch die Überversorgung im öD zwangsläufig auf uns zu kommen. In der GRV liegt der Beitragssatz bei ca. 19%.

  • Jedesmal, wenn hier über Rentner_innen geschrieben wird, wird ein Bild mit auf einer Bank sitzenden alten Menschen gezeigt!

    Immer!

    Als ob Rentner_innen pausenlos auf Bänken sitzen, plaudern und nichts anderes machen, als so auf ihr Lebensende zu warten.

     

    Das ist genau so pauschalisierend, wie "alle Frauen sind Schlampen"!

  • Okay, ca. 900 € (im Durchschnitt!) bieten die GRÜNEN und 1.050 € DIE LINKE, dazu eine Anpassung an die Lohnentwicklung. (SPD fällt dabei unter weiteres und scheint wie immer unkonkret. Sicher muss man für die "Mindestsicherung" der SPD mind. 30 Jahre unter Tage gearbeitet haben.)

     

    Ich finde das "Konzept" der GRÜNEN allerdings auch eine Zumutung:

     

    „Wer mehr als 30 Jahre lang gearbeitet hat, Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt, wer eine halbwegs intakte Erwerbsbiografie, aber wenig verdient hat, muss eine Rente oberhalb des Existenzminimums haben“

     

    Und wie sieht es mit dem Existenzminimum aus? Entspricht das der Höhe der "Garantierente"? Und wie soll sich die sog. Garantierente entwickeln?