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Wahlkampffinanzen in FrankreichErmittlungen gegen Marine Le Pen

Hat Marine Le Pen ihren Präsidentschaftswahlkampf in Frankreich 2022 illegal finanziert? Die Justiz in Paris geht jetzt einem Hinweis nach.

Gegen sie wird jetzt ermittelt: Marine Le Pen von der rechten Partei Rassemblement National Foto: Sarah Meyssonnier/reuters

Paris AFP | Die französische Justiz hat Vorermittlungen gegen die Rechtspopulistin Marine Le Pen wegen mutmaßlich illegaler Finanzierung ihres Präsidentschaftswahlkampfs 2022 aufgenommen. Dabei gehe es unter anderem um einen Wahlkampfkredit und die Veruntreuung von Geldern, teilte die Staatsanwaltschaft am Dienstag in Paris mit. Die Ermittlungen seien nach einem Hinweis der Kommission für Wahlkampfkonten am 2. Juli aufgenommen worden.

Ein Untersuchungsrichter sei mit dem Fall befasst, erklärte die Staatsanwaltschaft. Details zu den mutmaßlichen Vergehen wurden zunächst nicht bekannt.

In Frankreich sind die Wahlkampfkosten gedeckelt. Die zuständige Kommission prüft die Wahlkampfabrechnungen aller Kandidaten, von denen ein Teil zurückerstattet wird. Le Pen hatte in ihren dritten Präsidentschaftswahlkampf 2022 etwa 11,5 Millionen Euro investiert.

Die Kommission hatte bereits zuvor einen Teil der Ausgaben zurückgewiesen, darunter gut 300.000 Euro für Wahlkampfwerbung auf Bussen. Le Pen hatte die Präsidentschaftswahl 2022 in der Stichwahl gegen Emmanuel Macron verloren.

Nicht das erste Verfahren

Auch im Präsidentschaftswahlkampf 2017 hatte die Kommission einen Teil der Kosten moniert. Etwa 870.000 Euro, die Le Pen als Darlehen von einer Splitterpartei ihres Vaters Jean-Marie Le Pen erhalten hatte, waren von der Kommission nicht anerkannt worden.

Im Juni hatte das Kassationsgericht in Paris die Verurteilung von Le Pens Partei Rassemblement National (RN) zu einer Geldstrafe in Höhe von 250.000 Euro bestätigt. In dem Verfahren ging es um überhöhte Rechnungen für Wahlkampfmaterial der Kandidaten bei der Wahl zur Nationalversammlung 2012.

Im Herbst muss Le Pen sich mit 24 weiteren Angeklagten wegen des Verdachts der Veruntreuung von EU-Geldern vor Gericht verantworten. Der Prozess soll am 30. September beginnen. Zwischen 2004 und 2016 haben nach Darstellung der Anklage mehrere Assistenten von RN-Europaabgeordneten tatsächlich für die Partei und nicht für die Abgeordneten gearbeitet. Le Pen bestreitet die Vorwürfe.

Der RN hatte bei der Europawahl und der ersten Runde der französischen Parlamentswahl jeweils vorn gelegen. In der Stichwahl am vergangenen Sonntag kam er – nach taktischen Rückzügen von mehr als 200 Kandidaten der anderen Parteienlager – nur auf Platz drei. Le Pen, die als Abgeordnete wiedergewählt wurde, will wieder Fraktionschefin werden. Sie strebt außerdem eine vierte Präsidentschaftskandidatur 2027 an.

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6 Kommentare

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  • Leute, merkt ihr es denn nicht?



    Egal, ob Le Pen mit ihrer Finanzierung des Präsidentschaftswahlkampfs vor Jahren, ob Scheinbeschäftigung im EU-Parlament oder ob Geld aus dubiosen Quellen für AfD oder andere rechtspopulistische Parteien in Europa…



    Es geht immer nur um eines: den eigenen Vorteil maximal organisieren.



    Und wem auch immer sei Dank, stellen sich die Le Pens und Konsorten so dermaßen dumm an, dass man ihnen noch auf die Schliche kommt.



    …Möge es so bleiben, denn ihr eigener Vorteil ist ihnen so nah, dass sie Vorsicht nicht kennen. Aber ihr System ist eindeutig auf Korruption ausgelegt

  • Bei Le Pen wäre die Herkunft des Gelds sicher auch interessant.



    Bei der CDU/CSU etwa zuweilen auch.

    Ich hoffe, dass die Fremdenhasserin auswandert und ihre Partei schließt. Forcieren müssen es aber die Franzosen selbst

  • "Hat Marine Le Pen ihren Präsidentschaftswahlkampf in Frankreich 2022 illegal finanziert? Die Justiz in Paris geht jetzt einem Hinweis nach."

    Gibt es ähnliche Ermittlungen auch gegen andere Kandidaten/Parteien oder ist das einzigartig?

    • @*Sabine*:

      Tja. Ermittelt man wegen Verdachtsmomenten oder aus Gerechtigkeit dann immer gegen alle oder nur gezielt ohne Verdacht gegen ausgesuchte Politiker? Tipp 1: im Artikel gibt es dazu einen Hinweis.



      Tipp 2: Recherchieren Sie Sarkozy.

  • Mich wundert das alles nicht. Marine Le Pen betreibt ein Familienunternehmen und das durchaus erfolgreich, aber wahrscheinlich nach ihren eigenen Regeln. Und was machen Mitarbeiter einer Partei, die im Prinzip gegen die EU und die Institutionen der EU sind?

    Vielleicht für die Partei zuhause arbeiten?

  • Ich bin immer etwas gespalten bei solchen Meldungen:



    Einerseits wurde auch Al Capone wegen Steuervergehen eingebuchtet - wär ja schön, wenn das hier (oder bei Trump) auch gelingen würde.



    Andererseits bieten solche Prozesse immer Verschwörungsfutter: "Seht her, das Establishment verfolgt mich, das heisst, dass ich auf dem richtigen Weg bin und der Einzige, der Euch retten kann" - Trump lässt grüssen (nein, er hat's nicht erfunden, aber praktiziert es aktuell am offensichtlichsten)



    Die Rechten pflegen sich in einer Opferrolle so penetrant (auch andernorts), dass es eigentlich mündigen Bürger/innen wie Schuppen von den Haaren fallen sollte, was für ein trauriger Jammerhaufen die Rechtspopulisten doch sind...