Wahlkampffinanzen in Frankreich: Ermittlungen gegen Marine Le Pen
Hat Marine Le Pen ihren Präsidentschaftswahlkampf in Frankreich 2022 illegal finanziert? Die Justiz in Paris geht jetzt einem Hinweis nach.
Ein Untersuchungsrichter sei mit dem Fall befasst, erklärte die Staatsanwaltschaft. Details zu den mutmaßlichen Vergehen wurden zunächst nicht bekannt.
In Frankreich sind die Wahlkampfkosten gedeckelt. Die zuständige Kommission prüft die Wahlkampfabrechnungen aller Kandidaten, von denen ein Teil zurückerstattet wird. Le Pen hatte in ihren dritten Präsidentschaftswahlkampf 2022 etwa 11,5 Millionen Euro investiert.
Die Kommission hatte bereits zuvor einen Teil der Ausgaben zurückgewiesen, darunter gut 300.000 Euro für Wahlkampfwerbung auf Bussen. Le Pen hatte die Präsidentschaftswahl 2022 in der Stichwahl gegen Emmanuel Macron verloren.
Nicht das erste Verfahren
Auch im Präsidentschaftswahlkampf 2017 hatte die Kommission einen Teil der Kosten moniert. Etwa 870.000 Euro, die Le Pen als Darlehen von einer Splitterpartei ihres Vaters Jean-Marie Le Pen erhalten hatte, waren von der Kommission nicht anerkannt worden.
Im Juni hatte das Kassationsgericht in Paris die Verurteilung von Le Pens Partei Rassemblement National (RN) zu einer Geldstrafe in Höhe von 250.000 Euro bestätigt. In dem Verfahren ging es um überhöhte Rechnungen für Wahlkampfmaterial der Kandidaten bei der Wahl zur Nationalversammlung 2012.
Im Herbst muss Le Pen sich mit 24 weiteren Angeklagten wegen des Verdachts der Veruntreuung von EU-Geldern vor Gericht verantworten. Der Prozess soll am 30. September beginnen. Zwischen 2004 und 2016 haben nach Darstellung der Anklage mehrere Assistenten von RN-Europaabgeordneten tatsächlich für die Partei und nicht für die Abgeordneten gearbeitet. Le Pen bestreitet die Vorwürfe.
Der RN hatte bei der Europawahl und der ersten Runde der französischen Parlamentswahl jeweils vorn gelegen. In der Stichwahl am vergangenen Sonntag kam er – nach taktischen Rückzügen von mehr als 200 Kandidaten der anderen Parteienlager – nur auf Platz drei. Le Pen, die als Abgeordnete wiedergewählt wurde, will wieder Fraktionschefin werden. Sie strebt außerdem eine vierte Präsidentschaftskandidatur 2027 an.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Kanzlerkandidat-Debatte
In der SPD ist die Hölle los
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
Abschluss G20-Gipfel in Brasilien
Der Westen hat nicht mehr so viel zu melden
CDU-Politiker Marco Wanderwitz
Schmerzhafter Abgang eines Standhaften