Wahlkampf: Künast tritt gegen Wowereit an
Die Grünen laden zum Mitgliederabend Anfang November. Der einzige Programmpunkt: Renate Künast. Jetzt mag niemand mehr dementieren, dass sie Spitzenkandidatin wird.
So laut haben die Grünen schon lange nicht mehr geschwiegen. Kein einziger Abgeordneter, kein Mitglied der Parteispitze wollte am Mittwoch die Nachricht bestätigen, auf die alle so lange gewartet haben. Und dennoch ist seit Mittwoch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit klar: Renate Künast wird Spitzenkandidatin der Grünen bei der Abgeordnetenhauswahl am 18. September 2011.
Offiziell informierte die Landesgeschäftsstelle der Grünen nur über den Ablauf des seit Langem für Sonntag, den 7. November geplanten Parteitages. Der wird nun zu einem grünen Wochenende ausgebaut. Am Samstag will die Partei Flagge zeigen bei den Protesten gegen den Castortransport im Wendland. Neu im Programm ist ein "erweiterter Mitgliederabend" am Freitag. Mit Renate Künast. Im Museum für Kommunikation. Dort wird derzeit eine Ausstellung zum Thema "Gerüchte" gezeigt.
Geht es nach der Parteiregie, soll Künasts Kandidatur noch zwei Wochen ein Gerücht bleiben. In ihrem Bundestagsbüro mag man nur ihren Auftritt am Freitagabend bestätigen. "Worüber sie reden wird, können wir jetzt noch nicht sagen", so Pressereferentin Katharina Bergmann.
"So eine Nachricht präsentiert man zunächst den Mitgliedern und dann der Presse", erklärt Stefan Gelbhaar, einer von zwei Landesvorsitzenden, die Zurückhaltung seiner Partei. Immerhin versichert er, dass es "keine Ad-hoc-Entscheidung" geben werde.
Unter der Hand zeigten sich die Grünen aber beredt. Die Einladung sei durchaus "ungewöhnlich und erstmalig", hieß es aus der Parteispitze. "Wir würden Frau Künast ja nicht nur einladen, weil unsere Mitglieder sie so lieben." Für die Partei geht damit eine Zeit der Ungewissheit zu Ende. "Natürlich gab es einen Entscheidungsdruck, aber wir waren in dieser Frage eigentlich immer entspannt", hieß es weiter. "Ungeduldig waren die Medien."
Ein Mitglied der Abgeordnetenhausfraktion erklärte, dass die für den Wahlkampf beauftragte Werbeagentur mit an der Planung und dem "Spannungsbogen" für den 5. November beteiligt sei. Eine Bundestagsabgeordnete der Grünen geht davon aus, dass bei dem Mitgliederabend die Kandidatur verkündet wird. "Wenn sie es erst auf dem Parteitag erklären würde, kann der nichts mehr beschließen." Eine entsprechende Erklärung am 5. November gebe der Parteitagsregie aber die Möglichkeit, Künast am 7. November als Spitzenkandidatin zu bestätigen. Die Krönungsmesse wäre perfekt.
"Ich gehe davon aus, dass Renate kandidiert", ergänzt ein grünes Urgestein. Selbst wenn es nach der Landtagswahl in Baden-Württemberg im März 2011 den ersten grünen Ministerpräsidenten gäbe, würde das Künasts Leistung nicht schmälern. "Im Falle eines Wahlsiegs wäre sie die erste Regierende Bürgermeisterin seit Louise Schröder. Das ist eine ganz andere Hausnummer."
Das Meinungsforschungsinstitut Forsa sah die Grünen in Berlin zuletzt bei 30 Prozent der Wählerstimmen. Die SPD käme nur auf 26 Prozent, die CDU auf 16, die Linke auf 15 Prozent der Stimmen. Rechnerisch stünden den Grünen somit alle drei Parteien als mögliche Koalitionspartner zur Verfügung.
Geänderte Artikeltext hier (überschreibt Originaltext wenn nicht leer)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben