piwik no script img

Wahlkampf in Schleswig-Holstein„Für mich ist das erledigt“

CDU-Spitzenkandidat Daniel Günther über den Vorwurf, eine Gewerkschafterin „Ver.di-Schlampe“ genannt zu haben, und über Städter als CDU-Wähler.

„Die CDU macht keinen Gegensatz mehr zwischen konventioneller und ökologischer Landwirtschaft“, sagt Daniel Günther. Im Bild: eher konventionelle Landwirtschaft Foto: dpa

taz: Herr Günther, im TV-Duell des NDR am Dienstag hat eine Gewerkschafterin und SPD-Kommunalpolitikerin behauptet, Sie hätten sie mal in einem Landesausschuss „Ver.di-Schlampe“ genannt. Den Vorwurf haben Sie noch in der Sendung abgestritten und danach eine Entschuldigung verlangt. Bleiben Sie dabei, obwohl die Frau mittlerweile eine eidesstattliche Versicherung abgegeben hat?

Daniel Günther: Für mich gibt es nur die Option, offen und ehrlich zu sein. Und so etwas habe ich definitiv nie zu einem Menschen gesagt, das wüsste ich. Außerdem ist der Vorwurf eindeutig widerlegt, er taucht ja nicht – wie von der Frau behauptet – in den Landtagsprotokollen auf.

Aber eine eidesstattliche Versicherung gibt man ja nicht mal eben so ab.

Das spielt für mich keine Rolle. Ich weiß, was ich gesagt habe und was nicht.

Von SPD-Landeschef Ralf Stegner forderten Sie ebenfalls eine Entschuldigung, weil sie das Ganze für eine SPD-Kampagne halten. Stegner lehnt die Entschuldigung ab.

Richtig, entschuldigt hat er sich nicht. Wir nehmen aber zur Kenntnis, dass sich Ralf Stegner von der Sache distanziert. Für mich hat sich das Thema damit erledigt, wir wollen uns auf den restlichen Wahlkampf konzentrieren.

Laut Umfragen wollen nur 31 Prozent der Schleswig-Holsteiner Sie als Ministerpräsidenten, Amtsinhaber Torsten Albig 46. Woran liegt das?

Als Herausforderer hat man immer einen kleinen Nachteil, wobei von einem Amtsbonus jetzt keine Rede mehr sein kann. Aber klar: In den nächsten neun Tagen will ich diesen Rückstand noch wettmachen.

dpa
Im Interview: Daniel Günther

43, ist Politikwissenschaftler, Partei- und Fraktionschef der CDU in Schleswig-Holstein sowie Spitzenkandidat für die Landtagswahl. In der neuesten Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen führt die CDU mit 32 Prozent vor der SPD mit 30 Prozent.

Ihre Partei hat dies bereits geschafft. Sie liegt in der letzten Umfrage bei 32 Prozent, die SPD bei 30. Müssen Sie nun die Linke fürchten, die aktuell bei fünf Prozent steht? Sie könnte eine CDU/FDP/Grünen-Koalition platzen lassen, wenn Herr Albig sie ins Boot nimmt.

Erst mal finde ich es toll, dass wir aus sechs Punkten Rückstand zwei Punkte Vorsprung gemacht haben. Das zeigt: Jetzt beginnt die heiße Phase, die Positionen werden deutlicher – und wir setzen auf die richtigen Themen. Vor der Linkspartei habe ich keine Angst. Mir ist nur wichtig, dass Herr Albig klar betont, ob er ein Bündnis mit der Linken will oder nicht. Ich finde, dass die Menschen Klarheit haben sollten. Ich stehe jedenfalls für ein klares Bündnis.

Was reizt Sie an Jamaika?

Als stärkster Partner in einem solchen Bündnis würde die CDU wieder mit großem Einfluss regieren können. Das würde Schleswig-Holstein gut tun. Natürlich gäbe es zuvor harte Verhandlungen, aber ich sehe gute Aussichten auf einen Erfolg.

In der Bildungspolitik wollen Sie zurück zum neunjährigen Abitur. Warum brechen Sie einen Schulstreit vom Zaun?

Das eine Jahr mehr hilft den Schülerinnen und Schülern auch bei der Persönlichkeitsentwicklung.

Aber die CDU hat doch in der Großen Koalition mit der SPD das achtjährige Abitur erst eingeführt.

Das war rückblickend betrachtet ein Fehler. Wem nützt es denn, wenn 17-Jährige vom Gymnasium an die Hochschulen stürmen? Ich möchte, dass die mehr Zeit haben zum Lernen und Erwachsenwerden. Deshalb wollen wir das korrigieren.

Sind Sie jemand, der Fehler eingesteht, oder sind Sie nur wankelmütig?

Ersteres. Wankelmütig bin ich gewiss nicht. Wenn ich eine Entscheidung treffe, ist die sorgsam abgewogen, und dann stehe ich auch dazu. Hier geht es um eine notwendige Korrektur in einer Sachfrage.

Straßenbau und innere Sicherheit sind andere Hauptthemen – altbackene CDU-Politik?

Es geht uns nicht nur um Straßenbau, sondern um Infrastruktur: Krankenhäuser, Verkabelung, Digitalisierung, schnelles Internet. Da hinkt Schleswig-Holstein weit hinter anderen Bundesländern hinterher. Und innere Sicherheit ist ein zeitlos wichtiges Thema. Die Menschen wollen geschützt werden vor Kriminalität, das ist ihr gutes Recht. Aber wenn in Schleswig-Holstein sich eine unterbesetzte und schlecht ausgerüstete Polizei immer mehr aus der Fläche zurückzieht, braucht es eine starke CDU, die gegensteuert.

Dabei wollen Sie doch angeblich die CDU modernisieren: Sie haben sich für die Frauenquote ausgesprochen und für die Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Ehen. Wie wollen Sie diesen Spagat zwischen konservativer Sicherheits- und moderner Gesellschaftspolitik ohne Zerrung bewältigen?

Einen Spagat kriege ich nicht hin, ich bin kein Turner, sondern Läufer. Ausdauernd geradeaus – das kann ich. Ich bin in der Tat der Ansicht, dass die CDU manche alten Zöpfe abschneiden und sich auf einen modernen Kurs begeben muss, um mehrheitsfähig zu sein. Aber auch Menschen, die sich als liberal definieren, wollen vor Verbrechen geschützt werden. Das ist kein Widerspruch.

Sie wollen also in die urbanen Milieus in den größeren Städten eindringen, die bislang eine Domäne von SPD und Grünen sind?

Ja. Stadtmenschen, die Verbraucherschutz und gesunde Lebensmittel wollen, dürfen keine Domäne der Grünen sein. Die müssen sich auch bei der CDU zu Hause fühlen. Wir als Union brauchen die Städte, nur auf dem platten Land können wir keine Wahlen mehr gewinnen.

Aber Ihre Basis im Land bröckelt. Jüngst hat sich sogar der Bauernverband in Schleswig-Holstein zu einer Agrarwende bekannt. Verlieren Sie nicht Stammwähler an Landwirtschaftsminister Robert Habeck und die Grünen?

Nein. Aber auch der Bauernverband hat erkannt, dass Landwirtschaft nur Unterstützung in der Gesellschaft bekommt, wenn sie die Themen Ökologie, Tierschutz und gesunde Lebensmittel ernst nimmt.

Das mag ja sein, aber muss der Bauernverband seinen Kurswechsel sechs Wochen vor der Wahl verkünden? Klingt das nicht wie Wahlkampfhilfe für die Grünen?

Nein, gar nicht. Auch die CDU macht keinen Gegensatz mehr zwischen konventioneller und ökologischer Landwirtschaft. Auch wir wollen beides.

Also war das Wahlkampfhilfe für die CDU?

Genau. Ich finde diese Positionierung des Bauernverbandes super.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • DIE Bezeichnung Verdi-Schlampe wäre kaum chauvinistischer, wie das was Albig in der Bunten über seine Exfrau gesagt hat. Sein Leben hätte sich schneller entwickelt als das seiner Frau, weil die in der Rolle als Mutter und Mangarin des Haushalts gefangen ist, und daher kein Austausch auf Augenhöhe mehr möglich gewesen sei. Vielleicht war Frau Schwohn sich darüber im Klaren, mit dem was sie angerichtet hat?

  • Protokolle werden, so weit ich weiß, mitunter nachträglich korrigiert auf Betreiben von Menschen, die sich falsch zitiert fühlen. Davon, dass der Vorwurf „eindeutig widerlegt“ ist, wenn er anhand des Protokolls nicht belegt werden kann, kann also keine Rede sein.

     

    Im Übrigen ist seit Freud bekannt, dass die Erinnerung uns mitunter Streiche spielt. Man nennt das Phänomen Verdrängung. Es hilft uns, unser (mitunter nicht so ganz korrektes) Selbstbild aufrecht zu erhalten, auch wenn wir dazu eigentlich keinen Anlass mehr haben. Dass die eidesstattliche Erklärung „keine Rolle [spielt]“ für Daniel Günther, macht mich in dem Zusammenhang stutzig.

     

    Hier kann offenbar mal wieder nicht sein, was nicht sein darf, schon zweimal nicht in einem Wahlkampf. Nun ja. Zum Glück bestimmt ja niemand, der in der Öffentlichkeit steht, völlig allein darüber, welches „Thema [...] erledigt“ ist, und welches nicht.

     

    Dumm nur, dass sich ausgerechnet jene Medien, die sich nun auf den vermeintlich gewitterten Skandal stürzen wie der Schweißhund auf das angeschossene Wild, genau die sind, die gar nicht genug Emotionen fordern können auf Seiten der Polit-Protagonisten. Sie müssen sich also vorwerfen lassen, dass sie eben jene „Fehltritte“, die sie nachher inquisitorisch geißeln, selbst provozieren helfen – und damit solchen Selbst- und Fremdbetrügern Vorschub leisten, wie Daniel Günther womöglich einer ist.

     

    Die katholische Kirche kann zu Recht stolz sein auf ihre Erziehungsarbeit, finde ich. Die Schein-Heiligkeit lebt, auch wenn die Institutionen etwas schwächeln. Nur: Mit Stimmungsmache Wahlen beeinflussen und sich so eine längst nicht mehr sicher geglaubte Macht demonstrieren zu wollen, muss auch anno 2017 nicht zwingend gut gehen. In den USA hat der Versuch vor 100 Tagen jedenfalls in ein mittleres Desaster geführt.

    • @mowgli:

      Alle haben es gehört, Frau Schwohn sagte, man könne das nachlesen. Kann man nicht, inzwischen hat sie die Version mehrfach geändert, welche Version steht denn nun in der eidesstattlichen Erklärung? Das ist nach meiner Meinung Kindergartenkacke. Stegner und Albig hätten sich klarer und schneller von dieser verwirrten Dame distanzieren sollen, hatte die beiden vielleicht doch im stillen gehofft es würde der SPD helfen? Meine 82 jährige Schwiegermutter hatte bis gestern von der Richtigstellung nichts mitbekommen.

  • Is ja fast richtig schnuckelig geworden -

    Mein so politisch - Im Hohen Norden.

     

    Noch Mitte sixty - Pädgestour SH-around - & Wi befunnen -

    Sönke-Nissen-Koog - SPD-Plakot? - "keen halv Stunnen -

    Dann lich dat liggers - Unnen.

     

    Nu. MP Helmut Bernhard Julius Lemke genannt von Soltenitz - mal an rühren!

    „Wir Nationalsozialisten stehen auf dem Boden des Führerprinzips.

    Wir alle, jeder an seiner statt, sind dazu aufgerufen,

    die Hammerschläge des Dritten Reiches auszuführen.“ Na. Mal was kerben!

    Na. & Zuvor Kai-Uwe von Hassel - Vater Theodor noch Hauptmann

    der Schutztruppe für Deutsch-Ostafrika - Tat FJS als VMi beerben.

    VMi. Was auch Stolti - der Kühle-Klare aussen Norden - Issich dann geworden! &

    Upps. Später kamen - Ehrenwort-Barschel & IkeaKlappstuhl Petitesse-Pfeife-Björn.

    Nu. & Heide Hupfdrohle Simonis & Peter Harry Carstensen - & Ahlens von vörn?

     

    Nee nee! - ´s wurde was besser. - Torsten Albig schippert gau in ruhig Gewässer.

    Vllt liegt´s daran. Von Bremen na Kiel? - Na Jung - Dat geef di nich viel! &

    Barsbeen Smartie&Sympy-Harbeck? & - Daniel Günther?? - Wassen dat für son Fredi?

    Aneckte wg Dissen Schlampe&Verdi - Un fein! - Will´s aber - klarnich - Gewesen sein?!

    Nu un de twee Alt-Schlachtrösser? Miesepampel Stegner & Klar-Kante-Kubicki?

    RAer? - Ja der: "Spricht über seine Kandidaturen, die FDP, Armut und Sozialstaat." - ?? -

    Na. Büschen reichlich - Wat smaat!! - So auf dreist-typisch lindner-liberale Art!

     

    So. Seit dat ut! - Im klaren Hohen Norden. - But! - "Führerprinzip"? Ni´me zu besorgen!

    kurz - Wünsche eine nachdenkliche Qual - Beie hopefully-kluge - Küsten-Wahl!

  • Die Sache mit der angeblichen Beleidigung ist durch, nachlesen kann man den Vorwurf nicht, also hat die Frau Schwohn die Unwahrheit gesagt, da kann sie jetzt ruhig noch einen Meineid schwören, ich glaube der eh nicht mehr.

    • @Paul Paulsen:

      Wieso gibt eigentlich Daniel Günter keine eidesstattlich Versicherung ab, dass er das nicht gesagt habe?