Wahlkampf in Niedersachsen: Weil tritt auf die Gaspreisbremse

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) stellt ein eigenes Preismodell vor – zahlen soll aber der Bund.

Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) in Bäckerkleidung schiebt gemeinsam mit Bäckermeister Ralf Künne ein Blech mit Brötchenteiglingen in den Ofen.

Will größere Brötchen backen: Stephan Weil wartet nicht länger auf die Ampellösung Foto: Julian Stratenschulte/dpa

HANNOVER taz | Man weiß nicht genau, ob das nun ein Befreiungsschlag sein soll oder ein Akt der Verzweiflung: Am Mittwoch hat Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil zusammen mit seinem Umwelt- und Energieminister Olaf Lies (beide SPD) ein eigenes Modell für eine Gaspreisbremse vorgelegt. Im Gegensatz zu den anderen Modellen, die aktuell diskutiert werden, habe dies den Charme, dass es schnell und unbürokratisch umsetzbar sei, behaupten die beiden Sozialdemokraten.

Im Kern sieht es vor, dass sich der Staat und die Verbraucher die Preissteigerungen teilen. Das betrifft alles, was über den Betrag für den Vorjahresverbrauch hinausgeht. Wobei Weil und Lies auch davon ausgehen, dass die Gas­umlage fällt. Wenn der Staat dann die Hälfte der Mehrkosten übernimmt und der Abnehmer auch noch 20 Prozent am Verbrauch spart, könnte er am Ende mit einer „nur noch“ um 30 Prozent erhöhten Gasrechnung dastehen, rechnete Lies vor.

Bei einem Vier-Personen-Haushalt könne sich die Mehrbelastung so von 4.176 Euro auf 800 Euro im Jahr reduzieren lassen. Und das Modell funktioniere auch für kleinere Betriebe aus Handel und Gewerbe, sofern sie einen Standardlasttarif hätten. Die Preissteigerungen seien dann zwar immer noch spürbar, aber nicht mehr so existenzbedrohend wie aktuell.

Man habe dieses Modell auch mit verschiedenen Energieversorgern durchgespielt, die es für machbar hielten. Sie sollten den Bonus gleich bei der Berechnung der Abschläge berücksichtigen – und sich das Geld dann vom Staat wiederholen.

Schulden oder Gaspreise – es kann nur eine Bremse geben

Zahlen müsste allerdings der Bund, und zwar bis zu geschätzten 47 Milliarden Euro pro Jahr – abhängig von der weiteren Preisentwicklung. Das dürfte kaum ohne ein erneutes Lösen der Schuldenbremse und zusätzliche Kredite gehen, wogegen sich Finanzminister Christian Lindner (FDP) bisher immer gewehrt hat.

Weil will nun seine Ministerpräsidentenkollegen von dem Modell überzeugen. Die tagten bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch in Berlin – ohne den mit Corona infizierten Bundeskanzler. Eine Sitzung mit Scholz soll es in der kommenden Woche geben. Außerdem befasst sich auf Bundesebene eine eigene Kommission mit den Gaspreisen, der Weil nun ebenfalls vorgreift.

Weil beharrt darauf, sein „Fifty/Fifty-Wärmebonus-Modell“ sei schneller realisierbar, weil alle erforderlichen Daten bei den Energieversorgern vorlägen. Für andere Modelle, die zum Beispiel bei einem bestimmten Pro-Kopf-Verbrauch ansetzen, müsste man erst einmal erheben, wie viele Personen in dem betreffenden Haushalt leben. Nachgelagerte Modelle, die eine Rückerstattung oder Bezuschussung vorsehen, kämen außerdem zu spät für viele Betriebe, die jetzt in Schwierigkeiten seien. Zu spät kämen andere Maßnahmen aber möglicherweise auch für Weil: Immerhin sind es nur noch anderthalb Wochen bis zur Wahl in Niedersachsen – und er muss verhindern, dass sie zur Abstimmung über die Ampel wird.

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