Wahlkampf in El Salvador: Seidel-Stiftung kungelt mit Ultras
Die Hanns-Seidel-Stiftung unterstützt Partei ehemaliger Todesschwadrone gegen den favorisierten Linkskandidaten.
Wenn es knapp wird für ihre politischen Freunde, greift die Hanns-Seidel-Stiftung zu Mitteln, die politischen Stiftungen eigentlich verboten sind: In El Salvador beteiligte sich die CSU-nahe Stiftung an einer Studie, die eine Schmutzkampagne der Todesschwadronen-Partei Arena gegen den Kandidaten des politischen Gegners empfiehlt.
In El Salvador führt ein Jahr vor der Präsidentschaftswahl Mauricio Funes, der Kandidat der linken Oppositionspartei Nationale Befreiungsfront Farabundo Martí (FMLN), in allen Umfragen. Jeder mögliche Kandidat, den die seit bald zwanzig Jahren regierende ultrarechte Republikanisch-nationalistische Allianz (Arena) in den nächsten Wochen präsentieren könnte, hechelt mit deutlichem Abstand hinterher. Um das zu ändern, empfiehlt der venezolanische Politberater Alfredo Keller in seiner für die Seidel-Stiftung und das Arena-Institut "Zentrum für politische Studien José Antonio Rodríguez Porth" erstellten Studie, Funes zu verunglimpfen.
Das 90-seitige Papier liegt der taz vor. Es entwirft unter anderem eine Schmutzkampagne gegen Funes, in der dieser als Marionette kommunistischer Hardliner dargestellt werden soll, die aus El Salvador ein von Venezuelas Staatschef Hugo Chávez abhängiges Kuba machen wollten. Wer die Empfehlungen des Papiers mit den Auftritten der Arena-Wahlkämpfer vergleicht, stellt fest: Sie halten sich buchstabengetreu an das Rezept.
Dass das Gutachten nicht nur in die Hände von Arena gelangte, erzürnt Ingrid de Escobar, die Repräsentantin der Seidel-Stiftung in San Salvador. Sie weiß: "Wir dürfen uns nicht in Angelegenheiten der nationalen Politik mischen." Das Papier hätte "definitiv nicht öffentlich werden dürfen". Dr. Dietmar Ehm vom Lateinamerika-Referat der Stiftung in München wiegelt dagegen ab: Es sei kein deutsches Geld geflossen. Man habe lediglich den Politberater vermittelt. Der freilich nennt die Seidel-Stiftung als Auftraggeber.
Wie auch immer: Die Gesellschaft, in die sich die CSU-Stiftung begeben hat, ist schmutzig: Arena wurde Anfang der Achtzigerjahre von Roberto DAubuisson gegründet. Der hatte im salvadorianischen Bürgerkrieg (1980 bis 1992) Todesschwadrone organisiert und den Mord an Erzbischof Oscar Arnulfo Romero in Auftrag gegeben. Die Partei verehrt ihren 1992 verstorbenen Gründer bis heute. Auch Berater Keller bewegt sich in diesem Umfeld. Beim 25-jährigen Jubiläum von Arena lobte er die Partei als "erfolgreiches Vorbild in unseren gemeinsamen Kämpfen".
In der vergangenen Woche wurde die Allianz der schmutzigen Krieger gegen Funes noch breiter: Als wäre es abgesprochen, erwähnte US-Geheimdienstchef Michael McConnell in einem Senatsbericht zur Gefahrenlage im Ausland, Chávez wolle den Wahlkampf der FMLN generös finanzieren. Beweise legte er nicht vor. Trotzdem wetterte der salvadorianische Präsident Antonio Saca (Arena) umgehend gegen eine solche "inakzeptable Einmischung in die salvadorianische Innenpolitik".
Funes weist die Anwürfe zurück. Sein größter Trumpf ist seine Unabhängigkeit. Der 48-Jährige ist kein Parteisoldat, sondern der prominenteste Fernsehjournalist des Landes. Während des Bürgerkriegs war er der einzige, der Interviews mit Guerilla-Kommandanten wagte. Danach machte er sich mit einer täglichen Debattensendung zum wichtigsten Referenzpunkt salvadorianischer Politik. Er ist nicht, wie frühere Linkskandidaten, Teil der blutigen Vergangenheit des Landes. Er prangerte sie an. Und er ist ganz und gar kein Kommunist. Eher ein selbstverliebter Hedonist. So einer kann die entscheidenden Stimmen der Wechselwähler holen.
"Die FMLN wird ihren Wahlkampf mit eigenen Mitteln bestreiten", sagte er. "Sie wird keinerlei Hilfe von der Regierung Venezuelas erhalten und auch nicht von einer anderen Regierung." Ganz stimmt das nicht. Chávez staatlicher Ölkonzern hat mit 20 FMLN-Bürgermeistern die Firma Alba Petróleos de El Salvador gegründet, die venezolanischen Diesel zu Sonderpreisen verkauft, 30 Cent billiger pro Gallone als anderswo. Bislang wird der Chávez-Kraftstoff nur an sechs Tankstellen angeboten. Das Netz soll bis zur Wahl landesweit ausgebaut sein.