Wahlkampf auf dem Wochenmarkt: Mit Hundefutter gegen die AfD
Der AfD-Stand auf dem Wochenmarkt versaute mir den Appetit. Ich beschloss, etwas zu unternehmen und kegelte die AfD aus dem Europäischen Parlament.
A m Samstagmorgen gehe ich mit meiner Frau zum Wochenmarkt und mein Appetit macht Luftsprünge. Leckere Oliven, alle möglichen Käsesorten, frisch gebackene Brötchen. „Eminanim“, sage ich, „die Verlockung ist zu groß. Ich werde jetzt hier gleich reinhauen!“
„Osman, schau dir die an, das wird deinen Appetit sofort zügeln“, knurrt sie und zeigt mir den AfD-Stand, wo die mit billigen Kugelschreibern und Bonbons das Volk zu ködern versuchen.
„Danke dir. Jetzt kann ich drei Tage nichts essen“, sage ich.
„Na, was meinst du? Kommen die wieder ins Europäische Parlament?“
„Das kriege ich sofort heraus. Ich werde jetzt schnurstracks zu denen hingehen. Dann wissen wir, ob sie reinkommen oder nicht.“
„Wie das?“, fragt meine Frau verblüfft.
„Es ist ganz einfach. Wenn dort mit mir zusammen eine gerade Zahl an Leuten ist, dann kommen sie nicht rein. Bei einer ungeraden Zahl sind sie leider doch drin.“
„Das ist ja praktisch. Warum wenden nicht die Umfrageinstitute diese schlaue Methode an?“
„Das dürfen die nicht. Ich hab’s patentiert. Warte hier. Wir haben gleich das vorläufige Endergebnis.“
Ich düse los. Dort stehen im Moment fünf Leute. Mit mir zusammen werden es sechs. Das ist die Gelegenheit, die AfD für mehrere Jahre aus Europa rauszukegeln. Noch 20 Meter, 19, 18 und – schon stellt sich ein Idiot hinzu, und bringt meine ganze repräsentative Untersuchung zur Fall.
Da fällt mir siedend heiß ein, dass wir unbedingt Nüsse brauchen. Da ich ohnehin vor einem Nüsse-Stand stehe, kaufe ich erst mal mehrere Tüten ein. Vorher probiere ich natürlich ausgiebig von allen Sorten.
Jetzt aber los! Am AfD-Stand sind sieben Leute. Mit mir zusammen werden es acht. Noch 15 Meter, 14, 13 … und es sind acht Leute. Mist!
Direkt neben mir sehe ich Büffelmozzarella! Man kann nicht genug Büffelmozzarella haben. „Zwei Kilo Büffel-Mozzarella, bitte.“
„Zwei Kilo? Wofür brauchen Sie denn so viel?“
„Um die AfD aus dem Europäischen Parlament zu werfen. Jeder muss Opfer bringen.“
Jetzt aber nichts wie hin! Noch 12 Meter, 11, 10, 9, 8 … Verdammt!
Ich stehe vor einem Hundefutter-Stand. „Osman, wofür brauchen wir denn Hundefutteeeer?“, brüllt Eminanim quer über den Markt.
„Wofür brauchen wir denn nicht Hundefutteeeeer?“, rufe ich zurück und kaufe mehrere Dosen, nachdem ich natürlich von allen Sorten reichlich probiert habe. Mein zukünftiger Hund wird mein selbstloses Engagement zu schätzen wissen. Die Europäischen Bürger hoffentlich ebenso.
Am AfD-Stand sind jetzt 9 Leute. Ich renne los. Es sind noch 7 Meter – 6, 5, 4 … und schon wieder eilt ein Idiot hinzu, um meine schöne repräsentative Studie zu verfälschen.
Ich schnappe mir eine der dicken Hundefutterdosen, rolle sie dem Kerl mit voller Kraft zwischen die Beine, treffe ihn am rechten Fuß, er kommt ins Straucheln und ich komme als Zehnter über die Ziellinie. Das war’s!
Die AfD ist draußen!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Die Wahrheit
Glückliches Jahr