Wahlfarce in Aserbaidschan: Angezählter Autokrat

In Aserbaidschan wurde gewählt: Auch dieses Mal wurde schamlos manipuliert, betrogen und gefälscht. Doch die jüngere Generation wehrt sich.

Ilham Alijew spricht mit einer Frau bei der Stimmabgabe

Aserbaidschans Autokrat Ilham Alijew nach der Stimmabgabe Foto: dpa

Die Partei von Aserbaidschans autokratischem Dauerherrscher Ilham Alijew hat bei der Parlamentswahl – wieder einmal – einen überzeugenden Sieg hingelegt. Doch was der wert ist, wird sich erst noch zeigen. Auch dieses Mal wurde schamlos manipuliert, betrogen und gefälscht. Und das alles unter Einsatz des gesamten plumpen Instrumentariums, das bisher noch für jede Abstimmung seit der Unabhängigkeit des Landes 1991 charakteristisch war.

In der Vergangenheit konnten Alijew und sein Klan die Mehrheit der Menschen noch in Schach halten und durchregieren. Fragt sich, wie lange noch. Denn es beginnt sich, wenn auch langsam, etwas zu ändern in der Südkaukasusrepublik. Immer öfter entlädt sich der wachsende Unmut der Bevölkerung angesichts endemischer Korruption in den Kreisen der Herrschenden, Rechtlosigkeit und grassierender Armut in Protesten.

Bislang antwortet das Regime mit Polizeieinsätzen, Festnahmen sowie sonstigen Repressionen gegen Andersdenkende. Dieses brutale Vorgehen verliert offensichtlich seine abschreckende Wirkung. Das zeigt der Umstand, dass sich bei dieser Wahl erstmals viele junge und Alijew gegenüber kritisch eingestellte Leute um ein Mandat beworben haben. Klug genug zu wissen, dass ihre Chancen, gewählt zu werden, gleich null waren, haben diese Kandidaten dennoch ihre Chance vor allem im Wahlkampf genutzt. Von den staatlichen Medien komplett ignoriert, sind sie von Haus zu Haus gegangen und haben sich die Sorgen der Menschen angehört. Ihre Botschaft ist eindeutig: Seht her, wir stehen, auch wenn wir jetzt noch nicht zum Zuge kommen, für Veränderungen und damit für ein anderes Aserbaidschan.

Ilham Alijew täte gut daran, diese Stimmen nicht zu ignorieren. Besonders dann nicht, wenn er versuchen sollte, seine Ehefrau Mehriban, die schon jetzt Vizepräsidentin des Landes ist, mit weiteren Vollmachten auszustatten. Einen derart dreisten Versuch, einen geschmeidigen Machttransfer innerhalb der Familie zu organisieren, werden ihm viele Vertreter der jungen Generation nicht mehr durchgehen lassen. Der Autokrat ist angezählt – trotz einer absoluten Mehrheit im Parlament.

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Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.

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