Wahlen in Ruanda: Kagame mit 99 Prozent bestätigt
Ruandas Langzeitpräsident Paul Kagame gewinnt erneut die Wahlen in dem ostafrikanischen Land. Eine echte Opposition gab es aber ohnehin nicht.
Seine beiden Gegenkandidaten erzielten zusammen nicht einmal ein Prozent der Stimmen. Frank Habineza von der Demokratischen Grünen Partei Ruandas erhielt 0,53 Prozent und der unabhängige Kandidat Philippe Mpayimana 0,32 Prozent. Insgesamt waren rund neun Millionen Ruander aufgefordert, ihre Stimmen abzugeben, davon sind rund zwei Millionen Erstwähler.
70.000 Ruander waren im Ausland als Wähler registriert und konnten ihre Stimme bereits am Sonntag abgeben. Obwohl viele Ruander im Exil Kagames Regime gegenüber kritisch eingestellt sind, erhielt er auch unter den Ruandern in der Diaspora mehr als 95 Prozent. Die endgültigen Ergebnisse werden laut der Wahlkommission am 27. Juli veröffentlicht.
„Der Wahlkampf und das Wahlergebnis, wie es gerade verkündet wurde, haben für mich eine besondere Bedeutung“, erklärte Kagame am Abend in seiner Siegesrede vor den Anhängern seiner RPF-Inkotanyi-Parteikoalition in der vollbesetzten Arena der Parteizentrale. „Sie bedeuten Vertrauen, für das ich Sie schätze. Es gibt nichts, was Sie jemandem geben können, um sofort Vertrauen zu gewinnen. Vertrauen baut sich mit der Zeit auf“, sagte er.
Habineza: Wahlkampf ist fair abgelaufen
Gegenkandidat Habineza von den Grünen erklärte im Olympic Hotel in Ruandas Hauptstadt Kigali: „Wir möchten mitteilen, dass wir die Ergebnisse akzeptiert haben und dem Gewinner, Paul Kagame, gratulieren“, sagte Habineza. Er betonte ausdrücklich, dass der Wahlkampf im Vergleich zu den Wahlrunden in der Vergangenheit fair abgelaufen sei.
Die Wähler waren auch aufgefordert, über die 80 Sitze im Parlament abzustimmen. Deren vorläufige Ergebnisse werden erst im Laufe des Dienstags bekannt gegeben.
Der 66-jährige Präsident Kagame ist faktisch an der Macht seit dem Ende des Völkermordes in Ruanda 1994, als mehr als eine Million Menschen in nur 100 Tagen abgeschlachtet wurden, die meisten von ihnen Tutsi. Kagames Tutsi-Guerillaarmee war von Uganda aus einmarschiert und eroberte das kleine Land. Die Hutu-Armee und deren Regierung, die den Völkermord in Auftrag gegeben hatte, floh in den Dschungel der benachbarten Demokratischen Republik Kongo. Dort gründete sie die Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas), die bis heute eine Bedrohung für Ruanda darstellt.
Kagame wurde 1994 zunächst Verteidigungsminister und Vizepräsident. Im Jahr 2000 wurde er Präsident, 2003 erstmals gewählt – bei den ersten Wahlen nach dem Völkermord. Die Wahlen gewinnt er meist mit weit über 90 Prozent. Für viele westliche Partner gilt er als Friedensgarant, der sein damals komplett zerstörtes Land wieder aufbaute. Heute gilt Ruanda als eines der Boom-Länder Afrikas in der wirtschaftlichen Entwicklung. Im Hinblick auf die Medien- und Meinungsfreiheit liegt es allerdings auf dem untersten Platz.
Scharfe Kritik von den Vereinten Nationen
In den vergangenen Monaten wurde die Kritik innerhalb der internationalen Gemeinschaft immer lauter. Der jüngste UN-Ermittlungsbericht bestätigte erst vergangene Woche, dass über 4.000 ruandische Soldaten in den Ostkongo eingedrungen sind, um dort die kongolesischen Tutsi-Rebellen der M23 (Bewegung des 23. März) zu unterstützen, die in den vergangenen Jahren einen großen Landstrich entlang der Grenze zu Ruanda erobert haben. Kongos Präsident Felix Tshisekedi beschimpfte Kagame im vergangenen Jahr als den Adolf Hitler Afrikas.
Dieser geheime Angriffskrieg ist auch innerhalb der ruandischen Bevölkerung nicht unumstritten. Er kostet viel Geld und Ressourcen und ruandische Soldaten sterben an der Kriegsfront, die dann in der Heimat heimlich beerdigt werden. Kagames Popularität bei den Wahlergebnissen hat dies aber offenbar nicht geschadet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt