Wahlen in Nigeria: Trotz allem gut
Trotz Gewalt und Chaos ist die Wahl in Nigeria ein Erfolg. Die Bevölkerung will sich nicht einschüchtern lassen und setzt auf Demokratie.
I n den sozialen Medien sind diese Bilder vom Wahltag in Nigeria millionenfach angeklickt und weitergeleitet worden: jugendliche Banden, die vor allem in der Megacity Lagos Wahlurnen stehlen, Unterlagen zerstören und mit Gewalt Wähler*innen von der Stimmabgabe abhalten wollten sowie Menschen, die stundenlang auf die Öffnung der Wahllokale warten, weil die Vertreter*innen der Wahlkommission (INEC) nicht pünktlich sind.
Im ersten Moment scheint es, als ob das eingetroffen ist, worüber wochenlang spekuliert wurde. Es gelingt nicht, in Afrikas Riesenstaat freie, faire und glaubwürdige Wahlen zu organisieren. INEC ist schlecht organisiert, und es war fast überraschend, dass die Wahl nicht verschoben wurde. In Nigeria hat das quasi Tradition.
Trotzdem ist diese Wahl nach aktuellem Stand ein Erfolg. Auch wenn es keine Zahlen zur Beteiligung gibt: Aus dem ganzen Land (220 Millionen Einwohner*innen) heißt es, dass die Wahllokale voll waren und Millionen Menschen stundenlang geduldig gewartet haben. In Lagos brachte ein Wähler die Stimmung auf den Punkt: „Wir haben doch heute nichts vor. Unsere einzige Aufgabe ist es, zu wählen.“
Das zeigt: Viele Millionen Menschen glauben an ihr Land und wollen, dass es von einem aus ihrer Sicht kompetenten Präsidenten regiert wird. Auch sehen sie – Nigeria hat eine jahrzehntelange Militärherrschaft erlebt – bei allen Schwierigkeiten die Demokratie als geeignete Staatsform dafür an.
So tragisch die Gewalt am Wahltag war: Es ist positiv, dass sie so viel Aufmerksamkeit erhält. Dass sie so gut dokumentiert wurde, zeigt auch, dass die Bevölkerung nicht bereit ist, sich einschüchtern zu lassen. Stattdessen will sie wählen.
Das ist eine wichtige Botschaft für die gesamte Region. In Westafrika haben mit Mali, Burkina Faso und Guinea gleich drei Staaten keine gewählte Regierung mehr. Das gilt auch für Tschad in Zentralafrika. Obwohl in Nigeria gerne über eine Machtübernahme des Militärs spekuliert wird, ist die Realität eine andere und lautet: Veränderungen sollen an der Wahlurne geschehen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links