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Wahlen in NamibiaDer ungelöste Völkermordstreit

Die Wahlen in Namibia und Deutschland belasten die Verhandlungen um den Genozid an den Herero und Nama. Diesem fielen über 110.000 Menschen zum Opfer.

Nach den Wahlen in Namibia könnte der Streit über die Reparationen neu entfachen Foto: Noah Ndero Tjijenda/reuters

Windhuk taz | Der Streit über die Reparationen, die Deutschland Namibia wegen des Völkermordes an den Herero und Nama schuldet, droht mit den Wahlen in Namibia und in Deutschland neu aufzubrechen. In Windhuk wird es für möglich gehalten, dass die nächste Regierung die Verhandlungen darüber nicht fortführen könnte.

Seit 2015 verhandeln Deutschland und Namibia über die Anerkennung und Aufarbeitung des Genozids an den Herero und Nama, dem 1904–08 während der deutschen Kolonialherrschaft über 110.000 Menschen zum Opfer fielen. 2021 sagte die deutsche Regierung der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel Zahlungen von 1,1 Milliarden Euro über dreißig Jahre an Namibia zu, als Teil einer offiziellen deutschen Anerkennung des Genozids.

Das Geld wurde aber nicht als Reparation in Folge einer Verpflichtung dargestellt, sondern als eine freiwillige Geste der Versöhnung. Die Herero- und Nama-Gemeinschaften lehnten den Deal ab und der damalige namibische Präsident Hage Geingob sagte zu, Neuverhandlungen mit Deutschland aufzunehmen. Sie sind bis heute nicht abgeschlossen.

Chefunterhändler blickt negativ auf Ampel-Zusammenbruch

Geingob ist mittlerweile verstorben, Merkel ist nicht mehr im Amt und die deutsche Nachfolgeregierung unter Olaf Scholz ist vor Kurzem zusammengebrochen. Im Februar 2025 finden Neuwahlen in Deutschland statt, im März 2025 übernimmt in Namibia das an diesem Mittwoch zu wählende neue Staatsoberhaupt die Macht. Alles ist also offen.

Charles Eiseb, Chefunterhändler der namibischen Regierung, sagt, er sei sich im Unklaren über den weiteren Fortgang der Gespräche. „Der Zusammenbruch der deutschen Koalition wird unweigerlich einen negativen Effekt auf den Prozess haben“, sagte er.

Der politische Analyst Petrus Sinimbo hält es für möglich, dass Namibia sich zukünftig an Simbabwes Versuchen orientiert, Reparationen für koloniales Unrecht von Großbritannien zu erstreiten. „Namibia könnte eine erweiterte internationale Mediation anstreben, um Gerechtigkeit zu erhalten.“

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1 Kommentar

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  • Anders als der Autor meint, ist der vorgebliche Streit unlängst gelöst. Das Zeitfenster ist längst geschlossen.

    Alle in Betracht kommenden juristischen Verfahren sind abgeschlossen, der charismatische Clanführer Chief Rukoro an Covid verstorben, der damalige namibische Präsident tot, die ewig mahnenden Professoren Zimmerer und Melber gehen in Rente und im Inland dürfte es der Mehrheit der Bevölkerung egal sein, ob es ein Abkommen gibt oder halt nicht.

    Und wenn eine zukünftige namibische Regierung dann eine Mediation anstrebt dürfte fraglich bleiben, ob Deutschland daran teilnimmt.