Wahlen in Kroatien: Milanović darf nicht kandidieren

Der amtierende Präsident Kroatiens müsste laut einem Urteil für die Kandidatur als Premier erst sein Amt aufgeben. Darauf will er nicht hören.

Eine Menschenmenge demonstriert, jemand hält ein Plakat mit den Gesichtern von Andrej Plenkovic und Aleksandar Vucic

Re­gie­rungs­kri­ti­ke­r*in­nen in Zagreb Foto: Darko Bandic/ap

SARAJEVO taz | Das kroatische Verfassungsgericht hat am Montagabend dem amtierenden Präsidenten des Landes, Zoran Milanović, eine Kandidatur für den Posten des Premierministers bei den Wahlen im April verboten. Der Präsident dürfe sich während der Ausübung seines Amtes nicht parteipolitisch betätigen, so das Verfassungsgericht am Montagabend.

Um kandidieren zu können, müsse Milanović umgehend von seinem Amt zurücktreten. Dessen Amtszeit läuft eigentlich bis Februar 2025. Milanović hatte aber jüngst die Parlamentswahlen für den 17. April 2024 angesetzt, das Parlament aufgelöst und seine Kandidatur für das Amt des Premierministers bekanntgegeben.

Der 57-Jährige – der bereits von 2011 bis 2016 Premierminister war – will als Spitzenkandidat für die SDP antreten. Das Präsidentenamt will er während des Wahlkampfs weiter ausüben – und erst im Falle seines Wahlsieges davon zurücktreten. Dem hat das Verfassungsgericht jetzt einen Riegel vorgeschoben. Milanović will die Flinte aber noch nicht ins Korn werfen. Wie er gegen den Entscheid vorgehen will, ließ er offen: „Die Flüsse der Gerechtigkeit kommen“, schrieb er kryptisch auf Facebook.

Dass Milanović wieder Premier werden will, überrascht viele. Doch er hat große Pläne: Kroatien nach rechts zu rücken. In den letzten Jahren hat er sich von einem Sozialdemokraten zu einem nationalistischen Scharfmacher entwickelt. Die sozialdemokratische Traditionspartei SDP will er wohl rechts außen ansiedeln. Das stößt auch ehemaligen Sympathisanten aus der europäischen Linken übel auf.

Die Linke schwankt zwischen Scham und Sarkasmus

Als Präsident Kroatiens positionierte er sich zum Entsetzen Brüssels mehrmals auf der Seite Putins, stellte sich gegen die Integration Finnlands und Schwedens in die Nato und gegen eine weitere Unterstützung für die von Russland angegriffene Ukraine. Ob die Mitglieder und Wähler der SDP dem Manöver Milanović’ folgen und so weit wie dieser selbst nach rechts rücken werden, ist fraglich.

Nach Umfragen liegt die ­Alternative zur SDP – die links-grüne Oppositionspartei Možemo – allerdings landesweit bisher bei nur etwa 8 Prozent. Unter Linken schwankt man angesichts von Milanović’ Kursänderung zwischen Scham und Sarkasmus. Immerhin protestierten im vergangenen Monat Tausende Menschen in der Hauptstadt Zagreb gegen die rechtskonservativen kroatische Regierung unter Premierminister Andrej Plenković und forderten Neuwahlen sowie ein Ende der Korruption. Das fordert auch Možemo, die den Bürgermeister von Zagreb stellt und eine breite Anhängerschaft unter der ­Bevölkerung der Hauptstadt hat.

Milanović dagegen setzt auf seine Antikorruptionskampagne und ist davon überzeugt, so insgesamt um die 30 Prozent der Stimmen zu erreichen und neuer Premierminister werden zu können. Amtsinhaber Plenković von der rechten Regierungspartei HDZ schlägt deshalb nun schrille Töne an. Milanović’ Kandidatur könnte Kroatien „in die Arme Russlands“ treiben, er habe „prorussische“ Ansichten.

Dass Milanović zudem enge Kontakte zum ungarischen Ministerpräsidenten Victor Orbán pflegt, muss Plenković Missbehagen bereiten, hat er doch alles versucht, um Kroatiens Ansehen in der EU zu verbessern. Zur CSU hat er enge Kontakte aufgebaut und über den Vorsitzenden der Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber, im EU-Parlament an Einfluss gewonnen. Es gelang ihm sogar, Sympathien für die Forderungen der kroatischen Ethno­nationalisten in Bosnien und Herzegowina nach einer territorialen Aufteilung des Nachbarlandes zu wecken.

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