Wahlen in Bosnien und Herzegowina: Umstrittenes Gesetz auf Eis gelegt

Das bosnische Wahlgesetz soll doch nicht nach den Forderungen kroatischer Nationalisten geändert werden – dank tagelanger Proteste.

Christian Schmidt steht am Rednerpult während einer Pressekonferenz

Christian Schmidt während der Pressekonferenz im OHR-Gebäude am 27.Juli 2022 Foto: Armin Durgut/imago

SPLIT taz | Als der Hohe Repräsentant für Bosnien und Herzegowina, Christian Schmidt, am Mittwochabend vor die Kameras trat, war ihm anzusehen, wie sehr der tiefgreifende Konflikt der letzten Tage an ihm genagt hat.

Wollte er noch vor wenigen Tagen mittels seiner Sondervollmachten den Anliegen der kroatischen Nationalisten bei der Änderung des Wahlgesetzes und der Verfassung entgegenkommen, war jetzt nach tagelangen Protesten keine Rede mehr davon. Er kündigte lediglich technische Verbesserungen des Wahlprozesses an. Damit möchte er mehr Transparenz durchsetzen und Wahlmanipulationen verhindern.

Am 2. Oktober sollen in Bosnien allgemeine Wahlen stattfinden. Das sogenannte Transparenzpaket soll unter anderem die Zentrale Wahlkommission (CEC) bei ihrem Vorgehen ­gegen Wahlbetrug stärken und Hassreden im Wahlkampf verbieten. „Es garantiert freie und faire Wahlkämpfe und Wahlen“, erklärte Schmidt. Die politischen Parteien des Teilstaates bosniakisch-kroatische Föderation forderte er auf, in Bezug auf das Wahlgesetz und die Verfassungsänderungen selbst Kompromisse zu finden.

Ursprünglich plante Schmidt, eine Dreiprozenthürde für die Entsendung von Vertretern aus einem der zehn Kantone einzuführen. Wo eine der drei konstituierenden Bevölkerungsgruppen weniger als 3 Prozent ausmacht, sollte kein Vertreter mehr entsandt werden. Dadurch hätte sich die kroatisch-nationalistische HDZ, die diese Änderung seit Jahren fordert, mehr Sitze der Völkerkammer sichern können. De facto hätte dies zu einer weiteren ethnischen Teilung des zutiefst gespaltenen Landes geführt.

Gegen Trennung und Spaltung

Seit Beginn der Woche hatten Tausende Menschen in Sarajevo gegen die Pläne demonstriert. Auch in Europa und den USA protestierten namhafte Persönlichkeiten und Politiker, die für ein multinationales, demokratisches Bosnien und Herzegowina eintreten.

Diese Position zog Kreise bei den Parteien in Bosnien und Herzegowina. Das Parlament der bosniakisch-kroatischen Föderation verabschiedete am Mittwoch eine Deklaration, in der gefordert wird, die Multinationalität des Staates zu erhalten und jede weitere Trennung nach ethnischen Kriterien zu vermeiden: „Das Repräsentantenhaus des Parlaments der Föderation Bosnien und Herzegowina verurteilt die anhaltenden Tendenzen und politischen Vorschläge und Initiativen (…), die darauf abzielen, ein System der ethno-territorialen Vorherrschaft zu errichten.“

Der kroatische Regierungschef Andrej Plenković zeigte sich wie die bosnisch-kroatischen Nationalisten enttäuscht über Schmidt. Kroatische Medien versuchen die Proteste als „schrecklich“ zu diffamieren. Sie hoffen, dass Schmidt, falls keine Einigung zwischen den Parteien vor den Wahlen zustande kommt, doch noch ein Machtwort in ihrem Sinne sprechen wird. Nicht unwahrscheinlich, da eine solche Einigung auch an der HDZ hängt.

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