Wahlen in Griechenland: Triumph und Waterloo
Mitsotakis' Regierungspartei triumphiert, die ehemalige linke Hoffnungsträgerin Syriza geht baden. Alexis Tsipras muss jetzt die Reißleine ziehen.
D ie Parlamentswahlen in Griechenland haben drei Ergebnisse hervorgebracht. Erstens hat der seit Juli 2019 mit seiner konservativen Nea Dimokratia (ND) allein regierende Kyriakos Mitsotakis seine Macht gefestigt. Zwar verfehlte der 55-Jährige knapp die absolute Mehrheit. Das liegt aber am reinen Verhältniswahlrecht, das diesmal galt. Bei der bevorstehenden Neuwahl spätestens Anfang Juli, die Mitsotakis nun anstrebt, dürfte die ND mit dem dann wieder geltenden Mandate-Bonus für den Erstplatzierten eine bequeme Mehrheit der Parlamentssitze erreichen – und allein weiterregieren. Ein Triumph.
Zweitens hat das oppositionelle Bündnis der radikalen Linken (Syriza) unter Ex-Premier Alexis Tsipras ihr Waterloo erlebt. Politisch. Strategisch. Persönlich. Tsipras, 48, und seine Syriza haben längst ihren Zenit überschritten. Am Sonntag kam der Absturz. Weitere dramatische Einbußen für den einstigen Hoffnungsträger sind zu befürchten. Auch im Fall Tsipras dürften daher wohl die Mechanismen greifen, vor denen kein Politiker in einer Demokratie gefeit ist. Für Tsipras heißt das: Rücktritt von seinem Posten als Parteichef, um den Neuanfang von Syriza einzuleiten.
Drittens ist das traditionelle Zweiparteiensystem, das in der griechischen Staatsschuldenkrise zunächst zerfiel, bei den letzten Parlamentswahlen 2019 jedoch mit der ND und Syriza eine Wiedergeburt erlebte, erneut in sich zusammengebrochen. Nur noch die konservative ND bleibt eine Volkspartei.
Der politische Emporkömmling Syriza verdankte seinen rasanten Aufstieg maßgeblich dem Verfall der sozialdemokratischen Pasok. Nun befindet sich Syriza, das vor nicht allzu langer Zeit selbst das Zepter in der Hand hielt, im freien Fall. Schon glaubt die Pasok an eine Rückkehr zur Volkspartei.
Sicher ist seit Sonntag nur eins: Syriza steht am Abgrund. Jetzt muss Tsipras schnell die Reißleine ziehen. Sonst droht der Absturz in die Komparsenrolle auf Hellas’ Politbühne.
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