Wahlen in Gagausien: Sieg für Russland-Freundin
Ewjenija Guzul wird das neue Staatsoberhaupt Gagausiens, einer autonomen Region in der Republik Moldau. Sie will bessere Beziehungen zu Moskau.
Das kündigte Guzul am Sonntagabend an. Kurz zuvor hatte die örtliche Wahlkommission die 37-Jährige mit 52 Prozent der Stimmen zur Siegerin bei der Stichwahl zum Staatsoberhaupt (Baschkan) Gagausiens erklärt. Der Baschkan, der für vier Jahre gewählt wird, ist automatisch Mitglied der moldauischen Regierung.
Über Guzul ist wenig bekannt. Die verheiratete Mutter zweier Kinder ist in dem gagausischen Dorf Etulija geboren, wo sie immer noch lebt. Sie absolvierte ein Jurastudium und ist aktuell arbeitslos. Einer Kurzbiografie der russischen Nachrichtenagentur RIA ist zu entnehmen, dass sie sich in den sozialen Netzwerken für Frauenrechte einsetzt.
Bei der Wahl zum Baschkan angetreten war Guzul auf dem Ticket der Șor-Partei, die pro-russisch ausgerichtet und mit sechs Abgeordneten im moldauischen Parlament vertreten ist. Deren Chef und Namensgeber, der nach Israel geflüchtete Geschäftsmann Ilan Șor, wurde im vergangenen April von einer Berufungskammer in Chișinău wegen Betruges im großen Stil zu 15 Jahren Haft verurteilt. Șor wird beschuldigt, 2014 bei dem Verschwinden von einer Milliarde US-Dollar aus drei moldauischen Banken seine Finger im Spiel gehabt zu haben.
Razzien bei der Partei
Seit vergangenem September organisierte die Șor-Partei mehrfach Kundgebungen gegen die Regierung, die Protestierenden hatten für ihre Teilnahme zuvor entsprechende Zahlungen erhalten. Am 7. Mai führten moldauische Anti-Korruptions-Staatsanwälte bei der Șor-Partei Razzien durch und fanden Belege dafür, dass deren Aktivisti*innen für die Beeinflussung von Wähler*innen in Gagausien vor der Stichwahl jeweils umgerechnet 750 Euro versprochen worden waren.
In Guzul hat die Șor-Partei eine willige Erfüllungsgehilfin. Sie beabsichtige, die freundschaftlichen Beziehungen zu Russland zu erneuern. Dazu gehöre auch die Eröffnung einer Vertretung Gagausiens in Moskau, sagte Guzul. Die Șor-Partei führt angeblich bereits Verhandlungen mit russischen Universitäten über die Eröffnung einer Hochschule in Gagausien, an der auch russische Abschlüsse erworben werden können.
Bei Präsidentin Maia Sandu und ihrer pro-europäischen Regierung dürfte der Neuzugang vor allem auch ob der ständigen Bedrohung durch Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine kaum auf Begeisterung stoßen. Seit Juni 2022 ist Moldau gemeinsam mit der Ukraine EU-Beitrittskandidat.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Israel demoliert beduinisches Dorf
Das Ende von Umm al-Hiran
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist