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Wahlen in BolivienÜberragender Sieg für Morales

Rund 62 Prozent der Wähler stimmen für Evo Morales, den ersten indianischen Präsidenten. Im Kongress zeichnet sich eine linke Zweidrittelmehrheit ab, die Opposition bricht ein.

Evo Morales (li.) und Vizepräsident Alvaro Garcia Linera winken vom Balkon des Präsidentschaftspalastes ihren jubelnden Anhängern zu. Bild: rtr

PORTO ALEGRE taz Kurz vor zehn Uhr abends schwillt am Wahlsonntag der Jubel auf der Plaza Murillo in der Altstadt von La Paz ohrenbetäubend an. Evo Morales, dem alle Nachwahlumfragen eine Wiederwahl mit 61 bis 63 Prozent voraussagen, betritt den Balkon des Präsidentenpalastes. Eingerahmt ist Boliviens Präsident von zwei loyalen Mitstreitern: Vize Álvaro García Linera und Außenminister David Choquehuanca. Das Duo Morales/García Linera siegte in sechs der neun Regionen des Landes, darunter auch in der Erdgasprovinz Tarija. Exgouverneur Manfred Reyes Villa kam nur auf 24 Prozent, für den Unternehmer Samuel Doria Medina stimmten rund 11 Prozent. Wichtiger noch: Auch im Parlament zeichnet sich anders als 2005 eine satte Mehrheit für die Regierungspartei "Bewegung zum Sozialismus" ab.

"Das bolivianische Volk hat erneut Geschichte geschrieben", ruft der Staatschef seinen Anhängern zu. "Unsere Zweidrittelmehrheit im Kongress zwingt mich dazu, den Prozess des Wandels zu beschleunigen. Jetzt ist tatsächlich der Weg frei, damit wir unsere Verfassung umsetzen können, die den Arbeitern zugute kommt." Oppositionelle Regionalpolitiker, Unternehmer und zweifelnde Intellektuelle ruft er zur Zusammenarbeit auf.

Der Zuwachs um rund 10 Prozentpunkte ist eine eindrucksvolle Bestätigung für den 50-Jährigen, der vor vier Jahren eine "Neugründung Boliviens", eine "demokratisch-kulturelle Revolution" versprach. Gegen erbitterten Widerstand aus dem wohlhabenden Tiefland im Osten setzten seine Parteifreunde ein Grundgesetz durch, das den Indígenas mehr Rechte garantiert.

Auch sonst hielt Morales Wort, vor allem bei der "Nationalisierung" der Erdgasressourcen. Ausländische Firmen sind im Energiesektor weiter aktiv, aber müssen sich heute den staatlichen Rahmenbedingungen unterordnen. Für das von Rohstoffexporten abhängige Land war das ein Quantensprung. Einen effizienten Energiesektor hat die Regierung aber noch nicht aufgebaut, die Staatsfirma YPFB ist ein Hort der Korruption.

Dass es Morales gelingen könnte, das neue "plurinationale" Staatssystem bis 2015 politisch und wirtschaftlich zu festigen, glaubt er wohl selbst noch nicht: Bei der Stimmabgabe deutete Morales an, dass er dann eine dritte Amtszeit anstreben könnte.

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17 Kommentare

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  • J
    john

    Bolivien ist reich an Ethnien, Kulturen, Nationen und Religionen. Breite, soziale benachteiligte Gruppen der Bevölkerung bleiben ohne oder mit geringen Bildungschancen.

    Das Gesetz 1565 Reforma Educativa legt ganz klar den Wunsch der Regierungspartei dar. Es liest sich wie ein Wahlkampfprogramm. Formulierungen wie z.B. „ Wir wünschen uns, in Zukunft sollte…“. Das lässt Raum für Interpretationen. Es handelt sich hierbei aber um eine aktuelle gesetzliche Grundlage. Die Vorschläge auf dem Nationalen Bildungskongress von Avelino Siñani und Elizardo Pérez sollen 2010 in Gesetzesform gebracht werden.

    Beide Bücher haben einen umwerfenden Inhalt. Als Außenstehender würde man die Regierung und die Minister in Cochabamba in höchsten Tönen loben. Die Verfasser gehen davon aus, dass die Pläne in die Tat umgesetzt werden. Dazu muss der Staat erst einmal bereit sein finanzielle Mittel bereit zu stellen. Der deutsche Staat, die Weltbank und der Internationale Währungsfond haben den Weg zum Schuldenabbau gemacht. Jetzt muss das Geld nach meiner Meinung nach in die Zukunft der Bürger eingesetzt werden. Im ganz besonderen Maße in der Bildung. Die Verantwortung kann der Staat nicht länger an private und kirchliche Träger abschieben. Die Partner leisten eine sehr gute Arbeit. Es wird oft mehr Leistung gegenüber dem Kunden erbracht als es das Gesetz vorschreibt. Die Reichen zahlen für eine gute Bildung. Eine Geringzahl der Armen erhalten Stipendien, wenn die Einrichtung spezielle Programme hat. Davon ausgenommen ist die Mehrzahl der Ur- Einwohner die meist in den ärmeren Schichten vorzufinden sind.

    Um auf den Staat zurück zu kommen.

    Zuerst muss mit einem, aus meiner Sicht, enormen Aufwand die Infrastruktur ausgebaut werden. Überwiegend ist die gebirgige Gegend um die Stadt Cochabamba, meist nur mit Viererantrieb zu erreichen. Geteerte Straßen sind eine Seltenheit. Wenn eine öffentliche Schule am Dorf sein sollte, hat diese einen schlechten Ruf. Den Lehrern wird mangelnde pädagogische Kenntnis nachgesagt. Vorschulen sind nur in 60 Pilotprojekten zu finden. Für den Bau von staatlichen Kindergärten ist in naher Zukunft nicht zu denken.

    Die Politik muss begreifen, dass sie auf Partner setzen muss, um ihre Ziele so schnell wie möglich umzusetzen. Der Geldbaum in Europa wird irgendwann einmal ausgeschöpft sein. Darum ist meine Empfehlung mit den Fachkräften vor Ort, den Einheimischen zu arbeiten und auf sie zu setzen.

    „Netzwerke als Schlüssel zum Erfolg“

    Wir haben in Cochabamba gebildete Personen und Menschen aus der Unterschicht, die sich einander begegnen müssen. Sehr viele Fachkräfte arbeiten in Spanien für Hungerlöhne. Mein oberstes Ziel ist es Anreize zu schaffen damit mehr Fachkräfte im Land bleiben. Anschließend muss eine Nachbarschaftshilfe aufgebaut werden, um die anderen Nationen kennen und schätzen zu lernen, dann wäre man auch bereit sich gegenseitig zu helfen. Hierfür ist es auf Seiten der Opposition und der Regierungspartei nötig in den Dialog zu treten. Keine weiteren Selbstprofilierungen, sondern einen Meinungsaustausch, der auch zu anderen politischen Entscheidungen führen. Ich wünsche meinen Freunden den Mut in ihrem Land etwas zu bewegen. So dass es zu einer Bündelung der geistigen Kräfte im Land kommt.

  • IB
    IKlaus Braunert

    Die Freude über den Sieg von Morales ist genauso naiv, wie die jahrelange Lobhudelei gegenüber Chávez. Morales macht Machtpoltik für seine Klientel (Cocaleros) und wurde gewählt, weil er den verarmten Massen im Hochland Geldgeschenke versprach. Daß die Menschen (also das Volk der Cambas, nicht die paar weißen Oligarchen) der Provinzen, in denen er nicht gewonnen hat und in denen nur die dort angesiedelten Hochlandindinane für ihn gestimmt haben, unter der ethnozentristischen, neokoloinalistischen Unterdrückung der MAS-Regierung zu leiden haben. davon weiß die TAZ und sonst kein Linker hier was. Justizwillkür und de facto - Rückkehr ins Mittelalter für Frauenrechte und zunehmende Lynchjustiz durch sog. kommunitäre Justiz sind dabei nur einige Errungenschaften seiner Regierungszeit. Man könnte das alles noch akzeptieren, wenn er und seine Leute von der MAS ihr Ding in ihrer Heimatregion durchziehen würden. Tatsächlich aber sind die Bevölkerungsminderheiten (bzw. die dortigen Mehrheiten) im Tiefland jetzt erstmal vor Schreck gelähmt,weil sie nun noch weniger über ihre ureigenen Angelegenheiten entscheiden können.

  • S
    Sub

    Morales ist ein Hoffnungsträger für die ganze Welt und ich bin froh, dass er Erfolg hat.

  • M
    Martin

    @Anja

     

    Von der starken Diskriminierung der Weiszen (sic!) hab ich noch nichts gemerkt...

  • S
    Sonne

    Der Herr Dilger möchte bitte beherzigen, daß Evo Morales kein Indianer ist, sondern ein Aymara.Zudem ist er das bolivianische Staatsoberhaupt und ich erwarte entsprechenden Respekt. Er hat die Wahlen gewonnen, ob es manchem Betonkopf nun passen will oder auch nicht. Und um was für eine "Opposition" es sich in Bolivien handelt, kann im Buch von Jean Ziegler "Der Hass auf den Westen" nachgelesen werden.

  • M
    momente

    @Anja:

     

    Also von der "Diskriminierung von Weiszen" merke ich hier in Santa Cruz zumindest nichts. Im Gegenteil, Auslaneder sind sogar eher beliebt.

     

    Was man aber vlt. sagen koennte ist, dass Evo Morales "Kulturkurs" sich stark auf die Hochland-Indigenas konzentriert und Mestizen und Tiefland-Indigenas beseite laeszt.

     

    Der Rekordwert von 62% ergibt sich meiner Ansicht nach daraus, dass die MAS in ihrem Wahlkampf den Osten Boliviens und die Mittelschicht staerker einbezogen hat. Wichtig waren dabei auch Buendnisse mit rechten-Tiefland Gruppen wie mit Teilen der "Jugend Union (Juvenil Cruzeno)"

     

    Was Bildung angeht ist einerseits zu sagen, dass die MAS eine sehr erfolgreiche Alphabetisierungskampagne iniziiert hat. Auch tut sie viel im Bereich "alternative Bildung" also indigen-kulturelle Schulen etc.

    Wie letzteres zu bewerten ist, weisz ich nicht genau.

    Und wie gesagt, seit neustem bezieht die MAS auch die Intellegenz mit in ihre Zielgruppe und Politik ein.

  • M
    momente

    @Paul:

     

    Und wuerdest du uns auch verraten, was dich uns ueberlegen macht?

    Und wie du auf die Idee kommst das wir auf rassistische Stammtischgespraeche stehen (was deine Andeutung mit dem Gemuesehaendler nahelegt)?

     

    Und wieso deiner Meinung nach Wohlstand und MCDonalds uns disqualifizieren?

     

    Ach und was ist denn uebrigens ein "Freizeitlinker"? Sind wir dann keine "richtigen Linken" und duerfen deshalb keine Kritik ausueben? Was fehlt uns denn? Mitgliedschaft in der Arbeiterklasse und n "Neues Deutschland"-Abo?

     

    @schankee:

     

    ironisch..hmm...wohl er etwas ueberspitzt polemisch...

  • P
    Paul

    @Bejamin, momente, Anja

     

    Wow, der deutsche Wohlstandsbürger und FReizeitlinke urteilt über etwas, von dem er absolut keine Ahnung hat. Wahrscheinlich geht er danach erstmal zu MC-Doof einen Burger essen und liest dabei die ZEIT und fühlt sich dem Rest der Welt total überlegen. Am Abend mit Freunden am Biertisch lästert er dann prollig mit seinen Kumpels über türkische Gemüsehändler.

    Ach: Die ganze Zeit ist er natürlich auch total stolz auf seine umfassende Allgemeinbildung durch die Tagesschau.

     

    Na dann, Prost!

  • S
    schankee

    der kommentar von momente war ironisch gemeint...

  • M
    momente

    @taipan:

     

    Ach? Und kannst du das auch irgendwie begruenden?

     

    Nur weil jemand antiimperialisch und antizionistisch ist, muessen Imperialismus und Zionismus nicht gleich sein.

     

    Evo ist jedoch beides, so versteht er sich als aufrichtiger Kaempfer gegen den Imperialismus ("Unser Wahlsieg ist ein Sieg fuer alle Regierungen und Voelker (sic!) im Kampf gegen den Imperialismus") und hetzt auch gerne mal gegen Israel (So hat Morales in den Konflikten Anfang 2009 die Schuld einseitig Israel zugewiesen und gefordert das es vor den internationalen Gerichtshof soll...).

     

    Was daran so daemlich seien soll dass sich Ahmadinejad und Chavez ueber Evos Sieg freuen, weisz ich auch nicht.

     

    Aber deine Ubeberreaktion zeigt mir mal wieder wie wenig gerne Antiimps und Bewegungslinke es sehen, wenn ihre vermeintlichen Helden als das gezeigt werden was sie sind. Naemlich im Zweifelsfall auch voelkisch, nationalistisch und nicht selten autoritaer und antisemitisch.

     

    Wer das verdraengt, anstatt sich kritisch damit auseinanderzusetzen von dem ist keine emanzipatorische, progressive Kritik zu erwarten.

     

    Schade, das sowas in einer Zeitung die sich explizit DDR-kritisch verstand noch nicht im vollem Masse erkannt wurde.

  • A
    Anja

    Hört sich nach einer positiven Entwicklung an, meiner Meinung nach zu unkritisch. Wie erlang Morales die 62 Prozent genau? Eventuell spielt ein gesellschaftlicher Druck eine Rolle. Berichten aus Bolivien zufolge findet dort eine starke Diskriminierung aller "Weißen" statt. Freuds Antizivilisationsprinzip geht wieder auf. Weiß jemand was Morales für eine Einstellung zur Bildung hat?

  • T
    taipan

    @momente:

     

    Du setzt Zionismus = Imperalismus?

     

    Das genauso gewagt wie dein Kommentar dämlich ist.

  • M
    momente

    Na super. Da duerfen sich ja jetz Chavez, Ahmadinejad & Co. freuen, dass ihr antizionistischer Genosse im Kampf gegen den Imperialismus gewonnen hat...

  • O
    Ottissimo

    @Moh

     

    ...SIEMPRE!

  • T
    taipan

    Ich finde den Artikel nicht sehr gelungen. Er erweckt den Anschein, dass Morales wirtschaftlich keinen grossen erfolg hätte.

    Das Gegenteil ist der Fall:

     

    http://lta.reuters.com/article/businessNews/idLTASIE59P1FP20091026

     

    http://www.emol.com/noticias/internacional/detalle/detallenoticias.asp?idnoticia=386846

     

    http://www.radiolaprimerisima.com/noticias/alba/63436

     

    Für nicht spanisch Sprechende:

    http://www.neues-deutschland.de/artikel/159013.boliviens-wirtschaft-glaenzt.html

  • M
    Moh

    Vive la revolución!

  • B
    Benjamin

    Liebe KollegInnen,

     

    Die Opposition ist nicht nur in Santa Cruz, sondern auch in Beni und Pando stärkste Kraft geworden:

    http://blogs.taz.de/latinorama/2009/12/07/evo_kann_durchregieren/

     

    bzw. http://www.lostiempos.com

     

    Und... auf welche Spezies bezieht sich denn bitte das folgende Statement:

     

    "Das Durchschnittsalter beträgt in Bolivien nur knapp 22 Jahre. In Deutschland liegt es hingegen bei fast 44 Jahren."

     

    Freut sich auf eine Antwort: Benjamin

     

    ***Anmerkung der Redaktion: Es geht nicht um die Lebenserwartung, falls Sie das meinen. Die Zahlen stimmen.