Wahlen in Berlin: Grau in vier Schattierungen

Im Jahr 2008 lösten sich die Grauen nach einer Spendenaffäre auf. Jetzt wollen gleich vier graue Gruppierungen BVV-Sitze erobern. Gegen eine davon wird ermittelt.

Damals herrschte noch Einigkeit: Graue Anhänger bei einer Demonstration in Berlin vor acht Jahren. Bild: AP

In einer Sache sind sich die Vorsitzenden der beiden grauen Parteien und der beiden grauen Wählergemeinschaften in Berlin einig: Leicht sind die Strukturen der Grauen nicht zu durchblicken. "Kein Wunder, wenn wir uns ständig verändern", sagt Wolfgang Rühlmann und lacht. Er ist Bundesvorsitzender und Neuköllner Spitzenkandidat der "Generationspartei - die Grauen" (Generationspartei). Aber da gibt es auch noch die Partei "Graue Panther Deutschland" und die Wählergemeinschaften "Panther" und "Die Grauen" in Berlin, die in diesem Jahr bei den Wahlen für die Bezirksverordnetenversammlungen (BVV) in acht Bezirken antreten. Alle haben sie ähnliche Ziele, trotzdem kämpft jeder für sich allein.

Vor fünf Jahren war alles noch etwas übersichtlicher. Unter dem Namen "Die Grauen - Graue Panther" erreichte die Partei bei der Abgeordnetenhauswahl 3,8 Prozent der Stimmen. In acht Bezirksparlamente zogen ihre Mitglieder ein. 2006 war damit das erfolgreichste Jahr für die Grauen, die 1989 unter der Führung von Trude Unruh als politischer Arm aus dem Seniorenschutzbund hervorgingen. Zwei Jahre später löste sich die Partei auf: Einzelnen Mitgliedern war vorgeworfen worden, Spenden fingiert zu haben und sich an der Parteienfinanzierung des Bundes bereichert zu haben. Im Juni dieses Jahres wurde ein ehemaliges Bundesvorstandsmitglied wegen Betrugs zu mehr als vier Jahren Haft verurteilt.

Nun sind die Grauen zersplittert. Schaut man sich jedoch das Wahlprogramm der einzelnen Gruppierungen an, sieht man viele Übereinstimmungen: Senioren, Jugend, Bildung, Bürgernähe sind die Bereiche, in denen alle punkten wollen. "Wir sind da, wo der Bürger uns braucht", sagt Rühlmann von der Generationspartei die in Mitte, Marzahn-Hellersdorf, Neukölln und Friedrichshain-Kreuzberg antritt. Es sei egal, von welcher demokratischen Partei ein Antrag komme. "Solange er gut ist, stimmen wir zu." Rühlmann will mehr Geld für die Jugendämter, eine gleiche Rente in Ost und West und weniger Bürokratie in Jobcentern. Er wollte nach der Spendenaffäre der Grauen einen Neuanfang und schloss sich der Generationspartei an, die Norbert Raeder 2008 gründete.

Raeder war erst wenige Monate Bundesvorsitzender der "Grauen - Graue Panther", als die Staatsanwaltschaft an die Tür klopfte. "Ich wollte bis zum Schluss retten", sagt der 42-Jährige, der seit 18 Jahren bei den Grauen aktiv ist. Aber als sich die Partei auflöste, habe er die Generationspartei gegründet. "Ich wollte nicht, dass die Arbeit von Jahrzehnten verloren geht."

Offiziell ist Raeder noch Mitglied der Generationspartei, bei den Wahlen tritt er aber als Spitzenkandidat für die Wählergemeinschaft (WG) "Die Grauen" in Reinickendorf an, die er im März gegründet hat. Rühlmann nennt das ein "Agreement": "Wenn er in Reinickendorf kandidieren will, stehen wir ihm nicht im Weg."

Raeder hat sich bewusst für die WG entschieden. "Bei der Generationspartei sind kaum noch wahre Graue", glaubt er. Er will mit mindestens einem Sitz in die BVV Reinickendorf. Bei den vergangenen Wahlen holte er sieben Prozent. Sein großes Thema bei dieser Wahl: Sicherheit. Außerdem möchte er Jugendliche von der Straße holen und die Seniorenvertretung stärken.

Nicht alle sind gut auf Raeder zu sprechen. "Mit ihm wollen wir nichts zu tun haben", sagt Hans Ohnmacht, Bundesvorsitzender der Grauen Panther Deutschland (GPD) und Spitzenkandidat in Tempelhof-Schöneberg. "Raeder ist als Vorsitzender der Grauen von Bord gegangen, als wir in der Krise waren." 2010 gründete Ohnmacht die GPD, 50 Mitglieder gehören ihr an. Und wieder ermittelt die Staatsanwaltschaft: Die Mitglieder sollen Unterschriften für die Abgeordnetenhauswahl gefälscht haben. Bei der Überprüfung der Unterschriften habe es Unregelmäßigkeiten gegeben. Da die Partei jedoch gar nicht die nötigen 2.200 Unterschriften eingereicht hat, kandidiert sie nur für die BVVen in Pankow, Tempelhof-Schöneberg und Reinickendorf - unabhängig von den Ermittlungen.

Auch der GPD-Wahlkampf orientiert sich an den Ideen von Trude Unruh: "Kinder werden Rentner" steht auf den Plakaten. Bundesvorsitzender Ohnmacht will den Lkw-Verkehr auf dem Tempelhofer Damm einschränken und Schulen sanieren.

Eine Fusion mit der "WG - Die Grauen" unter Norbert Raeder lehnt er ab. Aber für die Generationspartei und die WG Panther sei man offen. "Zusammen sind wir stärker." Rühlmann von der Generationspartei distanziert sich von einer möglichen Wiedervereinigung. "Wir warten erstmal die Wahlergebnisse ab."

Die WG Panther, die nur in Spandau antritt, ist da klarer: "Wir wollen nicht mit Leuten zusammenarbeiten, die sich nicht um eine Aufklärung der Spendenaffäre bemüht haben", sagt Klaus-Dieter Trautmann, Vorsitzender und Spitzenkandidat. "Wir wissen bis heute nicht, was passiert ist." Rund 20 Spandauer sind bei den Panthern aktiv. Als Nachfolger der Grauen sehe man sich nicht. "Aber das Programm ist so gut, dass wir die gleichen Ziele verfolgen."

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