Wahlen in Argentinien: Sprengstoff für das linke Lager
Die linke Regierung erleidet eine herbe Niederlage bei den Kongresswahlen in Argentinien. Eine Neuordnung der Parteienlandschaft steht bevor.
D ie Niederlage der argentinischen Regierung bei der Kongresswahl könnte zu einer Neuordnung der Parteienlandschaft führen. Die noch am Wahlabend von Präsident Alberto Fernández angekündigte Dialogbereitschaft unter Einschluss der Opposition birgt nicht nur Sprengstoff für das eigene linke Bündnis. Auch das liberal-konservativen Lager könnte vor seiner Auflösung stehen.
Der Verlust der Senatsmehrheit ist eine herbe Niederlage für Cristina Kirchner, dem bisher unangefochtenen Machtzentrum der regierenden Allianz Frente de Todos. Mit Polarisierungen kann man Wahlen gewinnen, aber nicht regieren, brachte es Hauptstadtbürgermeister Horacio Rodríguez Larreta auf den Punkt, der als einer der wichtigsten Kandidaten für die Präsidentschaftswahl in zwei Jahren genannt wird. Der gemäßigt-konservative Rodríguez Larreta hat keine Berührungsängste mit den gemäßigt-linken Vertretern der Regierungsallianz. So könnte sich aus beiden Lagern eine neue Allianz jenseits ihrer Pole bilden. Sollte es dazu kommen, werden die jeweiligen Pole Ex-Präsident Mauricio Macri und Vizepräsidentin Cristina Kirchner ihre Gravitationskräfte in Richtung Mitte deutlich verlieren.
Möglich, dass sich Macri dem anarcho-neoliberalen Ökonomen Javier Milei annähert, dessen Partei La Libertad Avanza (Die Freiheit schreitet voran) mit 17 Prozent der Stimmen zwar drittstärkste Kraft in der Hauptstadt wurde, jedoch in keiner Provinz über eine Basis verfügt. Unwahrscheinlich erscheint es dagegen, dass das Kirchner-Lager mit dem trotzkistischen Parteienbündnis Frente de Izquierda (Linksfront) eine Verbindung eingeht, das mit 6 Prozent der landesweit abgegeben Stimmen zur drittstärksten Kraft wurde.
Viel wahrscheinlicher ist, dass sich Kirchner als große Verliererin der Wahl entpuppen wird. Argentiniens Haushalts- und Wirtschaftspolitik wird in den kommenden Jahren vom Internationalen Währungsfonds bestimmt. Der Niedergang des Landes würde sich fortsetzen. Um die düsteren Aussichten wenigstens einigermaßen geordnet zu handeln, braucht es ein neues Bündnis.
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