Wahlen im Kosovo: Sieg für Ex-Chef der UÇK-Rebellen
Demokratische Partei Kosova von Hashim Thaçi wird stärkste Kraft. Partei des früheren Präsidenten Rugova verliert die Hälfte ihrer Stimmen. Serben boykottieren die Abstimmung.
Prishtina taz Als der ehemalige Chef der Kovoso-Befreiungsorganisation (UÇK) Hashim Thaçi im Studio des Fernsehsenders 21 am späten Wahlabend zum Mikrofon schritt, zeigte er wenige Emotionen, war gefasst und ruhig. Einige alte Kampfgefährten drückten ihm zwar auf dem Gang noch die Hand, doch der Sieger der Parlamentswahlen mit voraussichtlich 35 Prozent der Stimmen für seine PDK (Demokratische Partei Kosova) blieb distanziert und mied das Bad in der Menge.
Das gehört zum neuen Stil der einstmals als rüde und ungehobelt verschrienen Partei. Die alten Kämpfer spielen, zumindest nach außen hin keine Rolle mehr. Dagegen beherrschten an diesem Abend junge und gut gekleidete Damen und Herren die Szenerie. Thaçi hat die Partei in den letzten Jahren reformiert und für die städtische Mittelklasse geöffnet. Mit dem in Wien promovierten Professor Enver Hoxhaj als Vizechef und einer Reihe junger, im Ausland gut ausgebildeter Berater hat er der Partei ein neues Gesicht gegeben und in der Opposition der letzten Jahre eine schlagkräftigen Truppe geformt. Das hat sich jetzt bei den Wahlen ausgezahlt. Die alten Anhänger sind geblieben und neue sind hinzugekommen.
Katzenjammer herrschte dagegen bei der einstmals 700.000 Mitglieder zählenden "Demokratischen Liga Kosova" (LDK). Die ehemalige Volkspartei unter ihrem legendären Führer Ibrahim Rugova, die Partei der alten dörflichen und religiösen Autoritäten, hat den Anschluss an die neue Zeit verpasst. Noch bei den letzten Wahlen konnte sie buchstäblich Besenstiele als Kandidaten aufstellen und immer noch mit über 47 Prozent der Stimmen gewinnen. Jetzt aber stürzte sie auf 23 Prozent ab. Indem sie versuchte, mit den Plakaten des toten Präsidenten zu punkten, "schaufelte sie ihr eigenes Grab", witzeln politische Gegner schadenfroh. Die Partei müsse sich grundlegend reformieren, sagen parteiinterne Kritiker.
Doch auch für die Sieger herrscht nicht nur Sonnenschein. Denn die Wahlbeteiligung lag mit um die 42 Prozent der 1,5 Millionen Wähler sehr niedrig. Und das war nicht nur dem schlechten Wetter und den Boykottaufrufen der Bewegung "Selbstbestimmung" des oppositionellen ehemaligen Studentenführers Albin Kurti geschuldet, sondern vor allem dem Misstrauen eines großen Teils der Wähler gegenüber dem gesamten Establishment der Kosovo-Albaner. Zu vielen von ihnen wird Korruption vorgeworfen, der Parteichef der in Westkosovo aktiven Fortschrittspartei AAK, Ramush Haradinaj steht sogar vor dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag. Auch Thaçi wird trotz des neuen Images den 1999 erworbenen Makel, korrupt zu sein, nicht los. Und der aus Zürich neu in die politische Szenerie eingestiegene Bauunternehmer Behgjet Pacolli, Chef der Partei ARK, soll mit zweifelhaften Geschäften in Russland reich geworden sein. Selbst dem LDK-Dissidenten und Expremierminister Nexhat Daci, der sich mit seiner neu gegründeten LDD von der Rugova-Partei abgespalten hat, nehmen viele das Saubermann-Image nicht ab.
Trotzdem konnten diese kleineren Parteien jeweils um die 10 Prozent gewinnen, die AAK 9, die LDD 10 sowie die ARK 12 Prozent. Dagegen konnte die ORA des prominenten Verlegers Veton Surroi nicht einmal die 5-Prozent-Hürde überspringen. In den Serbengebieten blieb alles ruhig. Der von Belgrad ausgerufene Boykott wurde nahezu völlig befolgt. Jetzt müssen die UN-Mission und die OSZE entscheiden, ob die serbischen Gemeinden von den bisherigen Bürgermeistern weiterverwaltet werden oder nicht.
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