Wahl von AfD-Delegierten annulliert: „Irreparabler schwerer Wahlfehler“

Beatrix von Storch hat Personen auf eine eigentlich geschlossene Wahlliste setzen lassen. Das Berliner AfD-Landesschiedsgericht annullierte die Wahl.

Beatrix von Storch im Bundestag

Es gibt mal wieder Betrugsvorwürfe gegen Beatrix von Storch (AfD) Foto: Christophe Gateau/dpa

BERLIN taz | Zwischen Hinterzimmerabsprachen und Wahlbetrug dürfte anzusiedeln sein, was Beatrix von Storch am 13. Juni 2021 auf dem Delegiertenparteitag der AfD Berlin veranstaltet hat. Das Landesschiedsgericht stellte per Urteil fest, dass der Parteitag umsonst gewesen ist und erklärte ihn für nichtig. Eine Kandidatin aus Charlottenburg-Wilmersdorf fühlte sich nach der undemokratischen Intervention des Bundesvorstandsmitglieds von Storch benachteiligt und war dagegen vorgegangen.

Die prominente Berliner Bundestagsabgeordnete von Storch soll per Zuruf im „Backoffice“ des Parteitags drei weitere Kandidaten auf eine geschlossene Bewerberliste gemogelt haben. Oder wie es im Urteil heißt: „In der Sache handelte es sich um eine unzulässige Änderung einer vom Parteitag bereits beschlossen Bewerberliste“, wie der Tagesspiegel zitiert, der zuerst über das Urteil berichtete. Bereits im November erging gegen die AfD eine einstweilige Verfügung, nach der diese die Delegierten nicht zum später abgesagten Parteitag nach Wiesbaden schicken durfte.

Die drei mit dem Urteil befassten Schiedsrichter werten von Storchs Eingriff als „sowohl schweren als auch irreparablen Wahlfehler“, mit nachhaltigen Auswirkungen auf die gesamte Delegiertenwahl. Das Schiedsgericht empfahl, einen neuen Delegiertenparteitag durchzuführen – um eine reguläre Aufstellung zu gewährleisten.

Dafür allerdings bleibt kaum Zeit: Die AfD trifft sich bereits am 17. Juni im sächsischen Riesa zum richtungsweisenden Bundesparteitag, wo der Parteivorstand neu gewählt wird. Gut möglich, dass von Storch, selbst im Bundesvorstand, mit der undemokratischen Intervention ihren Stand auf dem Parteitag verbessern wollte. Rückblickend dürfte sie ihr Vorgehen allerdings belasten. Und die im Juni 2021 gewählten Delegierten müssen wohl auch zu Hause bleiben.

Kein Popup-Parteitag

Schwein hat die AfD Berlin aber insofern, als dass sie aufgrund einer Coronasonder­regelung bis zum 31. August 2022 auch früher gewählte Delegierte auf Parteitage schicken darf. Eine – 2019 gewählte – Delegation aus Berlin wird an dem Parteitag womöglich vertretungsweise teilnehmen dürfen.

Einen kurzfristigen Delegiertenparteitag noch vor Riesa wird es aber nicht geben, sagte die AfD-Landeschefin und Fraktionsvorsitzende im Abgeordnetenhaus, Kristin Brinker, der taz. Sie wollte das Urteil nicht kommentieren, nannte den mutmaßlichen Wahlbetrug lediglich „Altlasten“. Wie der Vorstand mit dem Urteil umgeht, sei noch offen, so Brinker: „Wir werden auf jeden Fall mit Delegierten auf dem Parteitag sein – ob mit den alten oder den neuen, prüfen wir gerade.“

Von Storch, als Antifeministin nicht gerade für leise Töne bekannt, übte nach dem Urteil Richterschelte: „Das Landesschiedsgericht stellt Sachverhalte falsch dar und zieht rechtlich nicht haltbare Schlussfolgerungen“, so von Storch, ohne nähere Erklärung. Präsident des Schiedsgerichts, Michael Adam, dem von Storch bereits Befangenheit vorgeworfen hatte, war an dem Urteil laut Parteigericht nicht beteiligt und warf von Storch seinerseits „mangelnden Respekt“ vor.

Auch Antonín Brousek, Vizepräsident des AfD-Landesschiedsgerichts und stellvertretender Fraktionschef, ebenfalls nicht am Urteil beteiligt, sagte: „Es ist sehr unschön, dass wir als Gericht so angegriffen werden.“ Ansonsten hielt sich die AfD in dieser heiklen Angelegenheit bedeckt. Parteisprecher und Abgeordnetenhausmitglied Ronald Gläser wollte der taz nicht einmal mitteilen, wer die alten oder neuen Delegierten waren.

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