Wahl in Mexiko: Claudia Sheinbaum macht das Rennen
Erstmals wird in Mexiko wohl eine Frau Präsidentin. Nachwahlbefragungen sehen die ehemalige Bürgermeisterin von Mexiko-Stadt klar vorn.
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Für den einzigen Mann unter den Bewerbern, Jorge Álvarez Máynez, stimmten laut Enkoll 11,4 Prozent der Wähler. Die Umfragen wurden vom unabhängigen Nationalen Wahlinstitut (INE) autorisiert. Sollten sich Nachwahlbefragungen bestätigen, wird Sheinbaum am Abend auf dem zentralen Zocalo-Platz vor dem Nationalpalast, dem Sitz der Präsidentschaft, eine Rede halten. Ihr Amt würde sie am 1. Oktober antreten.
Sheinbaum war als Favoritin in das Rennen gestartet. In den drei Monaten des Wahlkampfs lag die frühere Bürgermeisterin von Mexiko-Stadt in allen Umfragen deutlich vor ihrer stärksten Rivalin, der Mitte-Rechts-Kandidatin Gálvez, die für ein Bündnis aus drei Oppositionsparteien antrat.
„Dies ist ein historischer Tag, ich bin sehr glücklich“, sagte Sheinbaum auf dem Weg zu ihrer Stimmabgabe in Mexiko-Stadt. „Lang lebe die Demokratie!“ rief sie, nachdem sie den Stimmzettel in die Urne geworfen hatte. Nach der Stimmabgabe verriet die Spitzenkandidatin, dass sie nicht für sich selbst gestimmt hatte, sondern für eine 93-jährige linke Politikveteranin, Ifigenia Martínez, in Anerkennung ihres politischen Engagements.
„An diesem 2. Juni werden wir in die Geschichte eingehen“, hatte Sheinbaum bei ihrer Abschlusskundgebung zehntausenden Anhängern in der Hauptstadt Mexiko-Stadt zugerufen. „Jetzt ist die Zeit der Frauen und der Veränderung.“
Fast hundert Millionen Wahlberechtigte
Die Einwohner der Hauptstadt kennen Sheinbaum, Enkelin europäischer Juden, aus ihrer Zeit als Bürgermeisterin; bis zur Nominierung als Präsidentschaftskandidatin regierte sie die Millionen-Metropole fünf Jahre lang, von 2018 bis 2023.
Sheinbaum profitiert auch von der Popularität des scheidenden Staatschefs Andrés Manuel López Obrador, der die Linke 2018 in Mexiko an die Macht brachte und nicht mehr für eine zweite Amtszeit antreten darf. „Umarmungen statt Kugeln“, lautete Obradors Strategie, welche die ausufernde Kriminalität in Mexiko an der Wurzel bekämpfen soll.
Fast hundert Millionen Wahlberechtigte waren am Sonntag zum Urnengang aufgerufen. Gewählt wurde in der zweitgrößten Volkswirtschaft Lateinamerikas nicht nur eine neue Präsidentin. Auch die Mandate für Abgeordnetenhaus und Senat wurden neu vergeben, in neun Bundesstaaten wurden die Gouverneure gewählt und in zahlreichen Kommunen die Lokalpolitiker. Landesweit ging es insgesamt um rund 20.000 Posten – so viele wie bei keiner Wahl zuvor in Mexiko.
Gewalt im Wahlkampf
Der Wahlkampf wurde jedoch von massiver Gewalt überschattet. Zum Schutz der Wähler waren tausende Soldaten im Einsatz. In der Nacht zum Sonntag erschossen Unbekannte im westlichen Bundesstaat Michoacán den 35-jährigen Kandidaten Israël Delgado. Mindestens 25 weitere Kandidaten waren in den Monaten zuvor ermordet worden.
In der zweitgrößten Volkswirtschaft Lateinamerikas ist Gewalt nach wie vor an der Tagesordnung. Etwa zehn Frauen werden täglich in Mexiko ermordet. „Eine Frau als Präsidentin bedeutet eine Veränderung – hoffen wir, dass sie mehr für dieses Land tun wird“, sagte die 55-jährige Wählerin Clemencia Hernández. „Die Gewalt gegen Frauen liegt hier bei hundert Prozent.“
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