Wahl-Nachwehen in Bremen: Nicht ohne Linnert
Die Grünen Mitglieder in Bremen übte den Spagat zwischen machtpolitisch kalkulierter Geschlossenheit und einem Ringen um ein grüneres Profil.
Aber Linnert versteht ihre Verantwortung darin, weiterzumachen. Für die zehnköpfige Verhandlungskommission war sie wie sechs andere Funktionsträger gesetzt. Die Mitglieder wählten auf einen der drei „freien“ Plätze Robert Bücking, den früheren Viertel-Ortsamtsleiter, der seine Wahl in die Bürgerschaft nicht seiner Platzierung auf der Liste, sondern seinen zahlreichen Personenstimmen verdankt.
Bücking hatte vorher klargestellt: „Es geht nicht ohne Karo.“ Das traf die Stimmung unter den fast 200 Mitgliedern, die den Saal füllten - obwohl es nach der kritischen Rede von Matthias Güldner den größten Applaus des Abends gegeben hatte.
Es habe in den vergangenen Jahren „erhebliche Konflikte“ an der Spitze der Grünen gegeben, erklärte Güldner, und er selbst habe als Fraktionsvorsitzender mit dafür gesorgt, dass die inhaltlichen und personellen Probleme mit den drei Senatoren „nicht transparent geworden“ seien.
Nur deswegen hätten „Verwaltungshandeln“ und die „Logik der Verwaltung“ den Politikstil der Grünen prägen können. Und er bekannte: „Ich bin mit meinem Latein am Ende.“ Konkret wurde seine Kritik nur in einem Satz über Wolfgang Golasowki, den Staatsrat im Umweltressort, der „wie ein Elefant im Porzellanladen“ in den Stadtteilbeiräten die Forderungen der grünen Basis-Vertreter abgebügelt hätte.
„Du bist sehr allgemein geblieben“, hielt die sichtlich angefasste Linnert ihrem Fraktionsvorsitzenden entgegen. Und sie verwahrte sich dagegen, „eigene Leute öffentlich in die Pfanne zu hauen“. Zu viel Finanzlogik, zu wenig grünes Profil hatten die Mitglieder kritisiert - Linnert hielt dem entgegen, dass Bremens Sanierungspfad auch für eine andere Person auf ihrem Stuhl kaum Alternativen zulasse.
Güldner hatte vorgeschlagen, dass die Grünen das Sozialressort abgeben und dafür das Bildungsressort übernehmen. Anja Stahmann, seit acht Jahren Sozialsenatorin, wehrte sich dagegen mit Hinweis auf ihre Verdienste und bekannte: „Ja, ich bin Staatsorgan, weil ich ein Stück des Staates auf meinen Schultern trage.“
Konkret im Sinne der geforderten selbstkritischen Debatte wurde vor allem die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Maike Schaefer. Linnert habe, so plauderte sie aus, im internen Kreis unter Bezug auf ein Zitat Winston Churchills erklärt, es gebe eben Zyklen des politischen Erfolgs - für vier Jahre würde es noch reichen, länger nicht.
Solche Reden seien „wenig motivierend“, so Schaefer. Bei dem finanzpolitischen Sanierungskurs müsse man genauer hinschauen: Subventionen für die private Jacobs-Universität, gigantische Straßenbauprojekte und die Planungen für eine Y-Trasse, die wohl doch nicht kommt, seien keineswegs nachhaltig. „Zurück zu unseren Kernkompetenzen“ forderte sie - und klang wie Güldner mit dem Vorstoß, als Grüne das Bildungsressort zu beanspruchen und die Finanzverantwortung abzugeben.
Von der Basis kam in der Diskussion wenig, was zu einem neuen Profil beitragen könnte. Für Spannung sorgte vor allem der Vorschlag, nicht 180 Millionen Euro Steuergeld für das Offshore-Terminal in Bremerhaven auszugeben. Der grüne Umweltsenator Joachim Lohse intervenierte und erklärte, es gehe dabei um einen „Eckstein der grünen Energiewende“ - die Mehrheit der Mitglieder folgte ihm.
Sollen die Grünen, die bei jedem zweiten Wohnungsbauprojekt gegen Flächenfraß und für die grüne Wiese protestieren, von ihrem Bausenator mit Blick auf die zunehmenden Flüchtlingszahlen mehr Wohnungsbau einfordern? Auch darüber wollten sie mit der SPD nicht verhandeln, nachdem Lohse seine Devise erklärt hatte: „abwarten“.
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