Wahl-Konsequenzen in Hamburg: Der grüne Umbau
In neun Monaten sind Bürgerschaftswahlen. Nach den Triumphen der Grünen ist klar: Es ist mit einer neuen Regierung an der Elbe zu rechnen.
Denn nach der Bürgerschaftswahl am 23. Februar 2020 steht der SPD ein Schicksal als Juniorpartner der Grünen bevor. Und sollten die Roten dafür zu arrogant sein, dürfen sie sich in der Opposition zu einem grün-schwarzen Senat zu regenerieren versuchen. Für die Hamburger SPD gilt das Gleiche wie für den Hamburger SV: Weg mit den alten Zöpfen, ordentlich durchlüften und völlig neu anfangen.
Deshalb wird der 26. Mai 2019 im Nachhinein als der Tag erinnert werden, an dem die selbsternannte „Hamburg-Partei“ SPD in ihrem 57. Regierungsjahr die Stadt verlor, die sie für ihr Eigentum hielt. In schwindelerregendem Tempo hat sich die Partei, die vor vier Jahren noch von mehr als 45 Prozent der HamburgerInnen gewählt worden war, in etwa halbiert: Keine 20 Prozent bei der Europawahl, nur noch etwa 24 Prozent bei der Bezirkswahl samt Verlust der Spitzenposition in Altona, Eimsbüttel, Nord und Mitte. So sehen politische Erdbeben aus.
Die Grünen genießen ihren Erfolg indes still und clever. Oft genug haben sie die Erfahrung gemacht, dass imposanten Vorhersagen enttäuschende Ergebnisse folgten. Zum ersten Mal haben sie in Hamburg selbst ihre kühnsten Erwartungen übertroffen. Und das ist kein Anlass für Großkotzigkeit, sondern für Nachhaltigkeit. „Cool bleiben, weiterarbeiten“ lautet denn auch die Parole, die Fegebank ausgibt.
Das vorläufige amtliche Endergebnis landesweit lautet:
Beteiligung: 58,6 % (+17,7 %)
Grüne: 31,3 % (+13,1 %)
SPD: 24,0 % (-11,2 %)
CDU: 18,2 % (-6,6 %)
Linke: 10,7 % (+0,5 %)
FDP: 6,6 % (+2,7 %)
AfD: 6,3 % (+1,8 %)
Sonstige: 2,8 % (-0,5 %)
In Altona zeichnet sich Grün-Schwarz ab
Zumal die Grünen kein Interesse haben an einer noch mehr geschwächten, aber an einer domestizierten SPD. Sollte es bei der Bürgerschaftswahl in neun Monaten so kommen, wie es sich aus heutiger Sicht abzeichnet, benötigen sie einen verlässlichen Juniorpartner, keinen demoralisierten. Und dafür kommt noch immer als Erste die SPD infrage, nicht die CDU.
Deshalb dürfen kurzfristig in den Bezirken keine sinnlosen Konflikte provoziert werden. In Altona zeichnet sich Grün-Schwarz ab – das ist keine Überraschung – und eine grüne Bezirksamtsleiterin. Das Gleiche in Nord, wo die SPD sich mit der Freikarten-Affäre selbst diskreditiert hat und als Koalitionspartner nicht ernsthaft infrage kommen kann. In beiden Bezirken müssen die Amtsleiterposten ohnehin neu besetzt werden.
In Eimsbüttel und Mitte sollten aus rot-grünen nun grün-rote Bündnisse werden; für weitgehende inhaltliche Zugeständnisse werden die Sozialdemokraten ihre beiden Bezirkschefs für den Rest ihrer Amtszeiten behalten dürfen. Danach wird man weitersehen.
In den drei Bezirken, in denen die SPD weiterhin vor den Grünen liegt, werden sich rot-grüne Koalitionen oder zumindest Kooperationen finden lassen – dann aber gleichberechtigt, denn für rote Überlegenheitsallüren gibt es in Wandsbek, Bergedorf und Harburg wahrlich keine Gründe.
Und auch für den Senat und die Koalition in der Bürgerschaft gilt es, friedlich zu bleiben. Sich jetzt in Einzelfragen zu fetzen, sorgt nicht für politisches Profil, sondern für Verdruss bei den WählerInnen. Konstruktiv zu Ende regieren, lautet die Lehre aus dem doppelten Urnengang am Sonntag. Dass in neun Monaten eine neue Regierung das Licht des Stadtstaates an der Elbe erblicken wird, wissen jetzt eh alle.
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