Wagenknecht und Lafontaine ein Paar: "Der O.! Die S.! Stell dir vor!"
Im Wahlkampf in zugigen Fußgängerzonen rumstehen und Nächte durchquatschen - das verbindet. Nicht so gut für die gemeinsame Sache, aber wo die Liebe hinfällt, nicht?
Erst ist man eine Gruppe. Eine magische Verbindung aus zufällig zusammengewürfelten Leuten, die gleiche Interessen verbinden und die Lust haben, etwas miteinander auf die Beine zu stellen. Abends und an den Wochenenden trifft man sich, ab und zu kocht mal jemand für alle, und wenn alles läuft wie geplant, gründet man vielleicht einen Verein oder eine Band. Oder eine Partei. So fängt das an. Man kennt das.
Aber dann passiert folgendes. Weil man eben derart viel gemeinsame und wertvolle Zeit verbringt, hört man irgendwann auf, andere Leute zu kennen. Das, was man Umfeld nennt, verschwindet hinter einer sozialen Nebelwand. Kein Grund, traurig zu sein, dass man die alten Freunde nicht mehr trifft – man hat ja jetzt die neuen, mit denen man die Nächte durchquatscht und unvernünftig viel raucht und trinkt und in den Wahlkämpfen in zugigen Fußgängerzonen rumsteht. Sowas verbindet natürlich. Und irgendwann – es ist im Nachgang gar nicht mehr so genau zu erklären, wie das passiert ist – läuft da bei zweien aus der Gruppe mehr. Nennen wir ihn O., nennen wir sie S..
O. und S. stritten sich anfangs manchmal so herrlich. Sie waren zwei Schlaumeier, zwei, die vieles besser wussten als die anderen, bald waren sie ziemlich wichtig in der Partei. Ohne sie ging nichts mehr – wenn's mal Krisen gab, hieß es: Was sagt denn der O. dazu? Oder: Wollen wir da nicht mal die S. fragen? Irgendwann kriegten die anderen aus der Gruppe, aus der Partei mit, dass da was läuft zwischen den beiden. Das war jetzt nicht so gut für die gemeinsame Sache, echt mal. Aber wo die Liebe eben hinfällt, nicht wahr?
Anfangs versuchte die Gruppe noch, diese Binnenliebe nicht so wichtig zu nehmen. Die beiden, O. und S., hatten neugierige oder prüfende Blicke der anderen ignoriert, sie machten deutlich, dass das eine Sache nur zwischen ihnen beiden sei – die Partei habe damit null Komma nix zu tun. Das war eine schöne, aber sinnlose Illusion. Denn schon sehr bald waren sie sich irritierend einig in sämtlichen Angelegenheiten.
Verliebt, aber nicht doof
Da konnten sie sich bei der Parteiversammlung oder abends in der Kneipe an verschiedene Enden des Tisches setzen, soviel sie wollten – die anderen aus der Gruppe wurden das Gefühl nicht los, dass nicht hier, an diesem Tisch Entscheidungen gefällt werden. Sondern dass nur noch abgenickt werden sollte, was bereits an einem anderen, kleineren Tisch ausdiskutiert und beschlossen worden war.
Das machte den Leuten aus der Gruppe richtig schlechte Laune. Und weil O. Und S. verliebt, aber nicht doof waren, gingen sie in die Offensive. Sie wollten ja nicht, dass die Arbeit der Partei darunter leidet, im Gegenteil. "Ich bin seit einiger Zeit eng mit S. befreundet", sagt also O. bei der nächsten Gelegenheit in aller Öffentlichkeit. Das fanden die anderen erst mal gut. Sie wussten das ja längst, aber ab jetzt würden sich die Anhänger der Partei nicht mehr so wundern müssen, warum O. und S. sich in der letzten Zeit immer so wahnsinnig einig waren in den Sach- und Theoriefragen.
Diejenigen, die wieder mal nichts geschnallt hatten und aus allen Wolken fielen - "Waaaas, die sind zusammen?! Wie geht denn daaaas?" - riefen ihre Oma an, um ihr die Neuigkeit brühwarm zu erzählen. "Der O.! Die S.! Stell dir vor!" "Na", sagt die Oma, "das is ja man Privatsache, näch? Aber dass mir hinterher keine Klagen von den beiden kommen!" Da hat sie sowas von recht. Die Oma.
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