Wagenburg soll weg: Bombenalarm zwecks Räumung

Die Bauwagengruppe „von Wägen“ in Hannover muss ein verwaistes Kasernengelände verlassen – die Immobilienverwaltung fürchtet Weltkriegsbomben. Hannovers Bürgermeisterin hält das für „sehr fragwürdig“.

Muss ihre Bauwagen abfahrbereit machen: die Gruppe "von Wägen" in Hannover. Bild: Christian Wyrwa

HAMBURG taz | „Weg – Hauptsache weg!“ So lautet die Devise der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima), um den Bauwagenplatz des Vereins „von Wägen“ vom Gelände der Freiherr-von-Fritsch-Kaserne in Hannover zu vertreiben. „Wegen des extrem schlechten Zustandes des gesamten Geländes und darüber hinaus wegen der zusätzlichen nicht einschätzbaren Gefahr, die von erfassten Kampfmittelverdachtsflächen ausgehen könnte, ist es nicht mehr hinnehmbar, dass sich auf der Liegenschaft Personen aufhalten“, schreibt Sachbearbeiterin Angela Kaufmann von der Bima Hannover. Bis Montag sollen die 14 Wohngefährte vom Areal verschwinden.

Bei den BewohnerInnen der Wagenburg „von Wägen“ löst das Ultimatum Unverständnis aus. „Wir haben gehofft, dass sie uns wenigstens Zeit geben, bis kein Schnee mehr liegt“, sagt eine Sprecherin der taz. Die Gruppe, die auf dem Bauwagenplatz Linden-Limmer entstanden ist, war im Oktober auf das seit zehn Jahren leer stehende Gelände in der General-Wever-Straße gezogen und wurde seither auch geduldet – angeblich wegen der schlechten Witterung. „Das Gelände ist ernorm groß und es sind noch alle Gebäude der Kaserne vorhanden“, so die „von Wägen“-Sprecherin. Auf dem Gelände liefen täglich viele Menschen herum und jetzt werde plötzlich Panik gemacht, „als würde jeden Moment eine Bombe hochgehen“.

Auch in der Politik hat der Bombenalarm Verwunderung ausgelöst. „Ganz Hannover ist eine Kampfmittelverdachtsfläche“, sagt der hannoversche Grünen-Chef Tobias Leverenz. Zumal das Gelände in den vergangenen Jahren oft genutzt wurde. So habe die Polizei mehrfach Übungen mit Wasserwerfern abgehalten, berichtet Leverenz: „Sie hat aber vorher Bescheid gesagt, damit sich die Bewohner nicht erschrecken.“ Ein Zirkus habe das Terrain als Winterquartier genutzt. „Das kann alles nicht so gefährlich sein“, sagt Leverenz.

Und selbst Veranstaltungen des Staatstheaters haben dort stattgefunden. Die grüne Bürgermeisterin Regine Kramarek erinnert sich, vor zwei Jahren ein Theaterfestival auf dem Kasernengelände besucht zu haben. „Es waren sieben Bühnen aufgebaut“, sagt sie. Und bei „Orpheus in der Unterwelt“ sei sogar der Keller eines Kasernengebäudes als Kulisse genutzt worden. „Für die Öffentlichkeit ist schwer nachvollziehbar, weshalb die Leute nun plötzlich keinen Tag länger geduldet werden können“, sagt Bürgermeisterin Kramarek, die das Agieren der Bima als „sehr fragwürdig“ bezeichnet. „Mir ist unverständlich, warum nun solche Brisanz aufgebaut wird“, sagt sie. Da schade sich die Bima doch selbst, da sich kein Investor für das Gelände interessiere.

Auf taz-Anfrage zeigte sich die Bima weiter kompromisslos. „Die Bima geht davon aus, dass der Verein die Geltendmachung des Hausrechts akzeptieren wird“, sagt Sprecherin Verena Kaiser. Daran hätte auch die Intervention der grünen Bundestagsabgeordneten Tobias Lindner und Sven-Christian Linder nichts geändert.

Laut Kramarek sind die Bauwagenleute „nun auf sich selbst gestellt“, ein Alternativquartier zu finden. „Wir haben es geprüft – aber die Stadt hat keine Alternativfläche anzubieten“, sagt Kramarek. Die Bauwagen-Bewohner werden sich dem Druck beugen, sagt die „von Wägen“-Sprecherin. Sie werden vorerst getrennt von den drei anderen Bauwagenplätzen Hannovers auf der Straße Quartier beziehen.

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