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Waffengewalt gegen FlüchtlingeJeder Vierte würde schießen

AfD-Chefin Petry sorgte mit einer umstrittenen Äußerung zum Waffengebrauch gegen Flüchtlinge an der Grenze für Wirbel. Einer Umfrage zufolge halten es viele ähnlich.

Viele würden es so machen wie sie: Frauke Petry Foto: dpa

Berlin dpa | Mehr als jeder vierte Befragte (29 Prozent) hält es einer Umfrage zufolge für gerechtfertigt, unbewaffnete Flüchtlinge mit Waffengewalt am Grenzübertritt zu hindern. Für nicht gerechtfertigt halten dies 57 Prozent, keine Angaben machten 14 Prozent. Dies zeigt eine Befragung des Meinungsforschungsinstituts YouGov, die am Samstag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorlag.

Hintergrund sind umstrittene Äußerungen der AfD-Vorsitzenden Frauke Petry: Sie hatte gesagt, Polizisten müssten illegale Grenzübertritte von Flüchtlingen verhindern, „notfalls auch von der Schusswaffe Gebrauch machen“. Später ruderte sie etwas zurück.

SPD-Chef und Vizekanzler Sigmar Gabriel forderte daraufhin die Beobachtung der rechtspopulistischen Partei durch den Verfassungsschutz. Dies würden laut der Yougov-Umfrage 32 Prozent voll und ganz befürworten und 26 Prozent eher befürworten. Dagegen würden es 13 Prozent ganz und gar ablehnen und 14 Prozent eher ablehnen.

Bei den Landtagswahlen am 13. März in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt hat die AfD gute Chancen, mit zweistelligen Ergebnissen in die Landesparlamente einzuziehen. Die Partei hatte mit radikalen Forderungen in der Flüchtlingsdebatte zuletzt wachsenden Zuspruch erhalten.

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Martin Wansleben, forderte die Bundesregierung dazu auf, Pläne und Ziele in der Flüchtlingspolitik verständlicher zu erklären. Es sei „sehr gefährlich“, dass in der Öffentlichkeit der Eindruck von Kontrollverlust der Regierung und Ohnmacht der Staatsorgane entstanden sei, sagte er der Osnabrücker Zeitung. Bund und Länder müssten dieser Verunsicherung der Bürger mit klaren Informationen entgegensteuern. Oftmals herrsche Unwissenheit, wie Flüchtlinge erfasst und betreut würden. „Das ist schlecht. Integration schaffen wir nur, wenn die Politik genau erklärt, was ist und was sie plant“, sagte Wansleben.

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10 Kommentare

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  • 3G
    31955 (Profil gelöscht)

    Wer mit scharfer Munition auf unbewaffnete Menschen schießt von denen keine Gefahr für Leib und Leben ausgeht, ist gefährlicher als es die Polizei erlaubt.

     

    Todesstrafen die heute noch bei Deutschlands politischen "Freunden" wie "Feinden" vollstreckt werden, ebenso.

     

    Aber wer schert sich schon darum, wenn es wirklich ernst wird? Das Mäntelchen zivilisatorischer Errungenschaften ist so hauchdünn und durchsichtig, wie das des Kaisers neue Kleider.

  • ich kapier's nicht.

    an den außengrenzen wird schon lang geschossen.

    die grenze am Evros ist streckenweise vermint.

    und dass die eine+andere marine solange um ein flüchtlingsboot herumfährt, bis das in dem so hergestellten strudel versunken ist..

    wer es wissen wollte, kann das seit jahren wissen.

    wer es nicht wissen wollte, regt sich jetzt darüber auf, dass "wir" nicht nur schießen lassen, sondern auch selbst schießen täten?

  • Wo finden sich denn bitteschön diese Umfrage Daten?

    Auf der Website von YouGov zumindest nicht.

    Was sich dafür dort findet, ist eine gestern veröffentlichte Frage über die Gründung einer Bürgerwehr, welche zufällig auch 29% Befürworter und 57% Gegenstimmen hat.

    https://yougov.de/news/2016/02/05/die-meisten-deutschen-lehnen-korperliche-gewalt-ab/

  • "Mehr als jeder vierte Befragte (29 Prozent) hält es einer Umfrage zufolge für gerechtfertigt, unbewaffnete Flüchtlinge mit Waffengewalt am Grenzübertritt zu hindern."

     

    Erschreckend, wie viele Deutsche dumm sind. Kennen nicht mal grundlegende Gesetze und Werte des Staates, in dem sie leben.

  • Ich frage mich: Wo ist das Primat der Politiker, die sich selbst so gern gut dotiert als Meinungsmacher in der Mitte der Gesellschaft sehen wollen. Wenn es ernst wird, wedeln sie hilflos mit den Armen, jammern zum Erbarmen, lassen sich von den Gesellschaftsnieten und deren Rattenfängern heillose Dreistigkeiten bieten? Wer sind sie, dass sie sich vom Verfassungschutz ignorieren lassen, anstatt ihm zu sagen, was Sache ist und was er zu tun und wen er zu schützen hat?

     

    Wo sind wir eigentlich, dass wir dastehen und sprachlos glotzen, wenn überwunden geglaubte Gesinnungs-Ratten wieder aus ihren Löchern kriechen und ungestört braune Gedankenpest verbreiten?

     

    Waren wir nicht noch vor kurzer Zeit gerührt und glücklich, einig mit dem größten Teil unserer Mitbürger in dem Glauben, alles würde gut, denn "wir schaffen das"? Müssen wir nun kleinlaut eingestehen, das wir leider doch nicht den guten Ruf als Menschen verdient haben, die mindestens ebenso hilfsbereit sind wie die die nicht einmal einen Bruchteil dessen besitzen, was wir unser Eigen nennen- und dennoch teilen? Haben die, die in unserer Gesellschaft nicht über die Mittel zu teilen verfügen, schon zwangsweise etwas abgeben müssen? Wem wurde etwas genommen?

     

    Wie dumm muss man eigentlich sein, sich geifernd zu ereifern um Güter oder Leistungen, die einem weder für Flüchtlinge weggenommen noch vorenthalten werden, weil man gar nicht weiss, ob man sie überhaupt bekommen hätte?

    • 1G
      10236 (Profil gelöscht)
      @noevil:

      "Waren wir nicht noch vor kurzer Zeit gerührt und glücklich, einig mit dem größten Teil unserer Mitbürger in dem Glauben, alles würde gut, denn "wir schaffen das"?"

       

      Nach dem Institut YouGov, der auch die obigen Ergebnisse ermittelt hatte, eher nicht. Danach war schon im September 2015 die Mehrheit der Bevölkerung (https://yougov.de/news/2015/12/15/wir-schaffen-das-vor-allem-jungere-stimmen-zu/) nicht der Meinung.

       

      "Wie dumm muss man eigentlich sein, sich geifernd zu ereifern um Güter oder Leistungen, die einem weder für Flüchtlinge weggenommen noch vorenthalten werden, weil man gar nicht weiss, ob man sie überhaupt bekommen hätte?"

       

      Den gleichen Sachverhalt hatten wir bei Griechenland. Querbeet wurde geschimpft, dass "die deutschen Arbeitnehmer und ihre Familien" nicht für die "faulen Griechen" bezahlen sollten (frei nach Gabriel und BILD), obwohl es sich lediglich um Garantien handelte. Die Hetze, die damals so ungehindert quer durch alle Medien schwappte, müsste jetzt einem bekannt vorkommen.

      • 3G
        32795 (Profil gelöscht)
        @10236 (Profil gelöscht):

        "Wem wurde etwas genommen?"

         

        Ich befürchte die Illusion der Sicherheit wurde vielen genommen. Und das wollen sie nicht verzeihen.

         

        Es war ein großer Fehler was in den letzten Jahren geschah. Das Negieren von offensichtlichen Fehlentwicklungen war der Kardinalfehler in der Migrationspolitik. Ich hoffe ehrlich daß das noch zu korrigieren ist, aber mit Wutausbrüchen werden wir nicht weiter kommen.

    • @noevil:

      Ja, ich unterschreibe den Beitrag auch!

       

      Sehr zutreffend und gut geschrieben!

      • @Der Allgäuer:

        Sorry, ich musste einfach mal Dampf ablassen. Hat mir gut getan - Ihre Zustimmung auch, danke.

    • 1G
      1714 (Profil gelöscht)
      @noevil:

      Diesen Beitrag unterschreibe ich ohne Wenn und Aber!