piwik no script img

WSI-Studie zur Tarif-LohnentwicklungIm Schnitt drei Prozent mehr

Die Tariflöhne in Deutschland sind 2019 im Schnitt um drei Prozent gestiegen. Das bedeutet einen Reallohnzuwachs von 1,6 Prozent.

Siemens-Beschäftigte demonstrieren für Lohnerhöhungen und flexible Arbeitszeiten Foto: Karsten Thielker

Düsseldorf rtr/taz | Die Tariflöhne steigen nach Berechnungen des gewerkschaftsnahen Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) in diesem Jahr trotz der Konjunkturflaute erneut um 3,0 Prozent. Bei einer erwarteten Inflationsrate von 1,4 Prozent bleibe ein Reallohnzuwachs von durchschnittlich 1,6 Prozent übrig, wie aus den am Dienstag veröffentlichten Berechnungen [pdf] des WSI-Tarifarchivs hervorgeht.

„Für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung erweist sich die Tarifpolitik damit einmal mehr als ein wichtiger Stabilitätsanker“, sagte dessen Leiter Thorsten Schulten. Insgesamt erhalten im zu Ende gehenden Jahr etwa 20 Millionen Beschäftigte Tariferhöhungen.

Für acht Millionen Beschäftigte wurden Neuabschlüsse getätigt, während etwa zwölf Millionen von den in den Vorjahren vereinbarten Tarifabschlüssen profitieren. Die durchschnittlichen Tariferhöhungen liegen 2019 exakt auf dem Wert des Vorjahres. Das verdankt sich jedoch den bereits in den Vorjahren vereinbarten längerfristigen Lohnabschlüsse. Berücksichtigt man nur die Neuabschlüsse aus dem Jahr 2019, so fallen die Lohnzuwächse mit 2,5 Prozent spürbar niedriger aus.

Wie bereits in den vorangegangenen Tarifrunden spielten in einigen Branchen auch 2019 neben den Entgelterhöhungen auch Fragen der tarifvertraglichen Arbeitszeitgestaltung eine wichtige Rolle. Hierzu gehören neue Möglichkeiten der individuellen Arbeitszeitverkürzung sowie Wahloptionen, bei denen die Beschäftigten zwischen mehr Geld oder zusätzlichen freien Tagen wählen können. Entsprechende Vereinbarungen finden sich beispielsweise in der Stahlindustrie oder in der chemischen Industrie.

In der kommenden Tarifrunde 2020 stehen zahlreiche wichtige Tarifauseinandersetzungen an, darunter in der Metall- und Elektroindustrie sowie im öffentlichen Dienst bei Bund und Kommunen. WSI-Tarifexperte Schulten zufolge „würden weiterhin kräftige Lohnzuwächse dabei helfen, einer möglichen konjunkturellen Eintrübung durch eine Stabilisierung der privaten Konsumnachfrage entgegenzuwirken“.

Die deutsche Wirtschaft dürfte 2019 wegen Handelskonflikten, schwächerer Weltkonjunktur und Unsicherheiten wie dem Brexit-Chaos voraussichtlich nur um 0,5 Prozent wachsen, wie mehrere Forschungsinstitute voraussagen. Die gute Kauflaune der Verbraucher sorgte dafür, dass Europas größter Volkswirtschaft eine Rezession erspart blieb. Sie speist sich nicht nur aus steigenden Löhnen, sondern auch aus der Rekordbeschäftigung.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Boah, 1,6 Prozent. Ich fühl mich plötzlich so reich. Nicht..