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WO SICH EIN Rechtsrocker AUSBREITEN DARFUnwidersprochen inszeniert

Martialischer Name, aber Niederlage im Rechtsstreit: Mit einer Klage gegen die Südtiroler Band Frei-Wild ist die niedersächsische Gruppe Stahlgewitter vor dem Landgericht Hamburg abgeblitzt. Sie wollte in dem Frei-Wild-Lied „Schenkt uns Dummheit kein Niveau“ eigenes Material wiedererkannt haben. Für das Buch „Frei-Wild – Südtirols konservative Antifaschisten“ hat das Stahlgewitter-Mitglied Frank Krämer dem Autor Klaus Farin ein Interview gegeben. In ihrer fast 20-Jährigen Bandgeschichte dürfte sich für die Band nie ein derart prominentes Forum geboten haben. Das ungekürzte Interview findet sich im Anhang des E-Books, auf dem rechtsextremen Portal „Altermedia“ stellte Krämer die „ausführliche Befragung“ nun obendrein selbst online.

Im Interview kann er ausführen, dass der „Fehler nicht im Detail, sondern im System“ liege, genauer: in „der egalitären Barbarei“. Den einzigen Widerstand gegen die angeblich widernatürliche „Einheitsform“ bietet demnach das „völkische Denken“. Ins rechte Spektrum habe er selbst sich mit 13 Jahren bewegt, so Krämer, wegen der „Gewalt der Türken und Araber“. Ist Rechtsrock die Einstiegsdroge in den Neonazismus? „Pauschal betrachtet würde ich das verneinen“, sagt Krämer. Der Verfassungsschutz bausche derlei auf, um die „extremen Maßnahmen gegen Nationalisten“ zu rechtfertigen.

Andreas Speit

arbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland

Weder in der gedruckten Fassung noch in jener auf „Altermedia“ fasst der Interviewer nach, als Krämer von Rassen mit unterschiedlichen Eigenschaften redet und darlegt, „Begriffe wie Rassismus und Rechtsex­tremismus“ dienten nur dazu, „non-konforme Meinungen“ zu unterbinden. „In der Pädagogik gilt das Kontroversitätsgebot“, sagt dazu Katharina Höfel von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus: „Rechte Äußerungen können eingefangen werden, dürfen aber nicht unwidersprochen bleiben.“

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