Abgefüllt in ein deutlich schlandaffines Behältnis, ist der „WM Bier Mix Caipirinha“ eine echte Geschmacksverirrung. Die Zutaten sind allerdings bemerkenswert.
Der „WM Bier Mix Caipirinha“ – eine Spitzenleistung deutscher Lebensmitteltechnologie.
Bild:
taz
Unterhose, Kondom, Kartoffelsalat – irgendwann meint man alles gesehen zu haben, was irgendwie schlandifiziert werden könnte. Nur um dann vom „WM Bier Mix Caipirinha“ eines Besseren belehrt zu werden, das im Kühlschrank an der Supermarktkasse steht. Satte zwei Volumenprozent Alkohol enthält diese Mixtur, für die zwei Euro fällig werden.
Der halbe Liter Dosenbier im Regal nebenan kostet nicht mal halb soviel. Vielleicht liegt es an der Vielzahl erlesener Zutaten:. Fruktosesirup, Zitronensaftkonzentrat, Färberdistel-Extrakt(!), Gummi arabicum, Glycerin-Ester aus Wurzelharz, Johannisbrotkernmehl und kupferhaltige Komplexe der Chlorophylle und Chlorophylline zeichnen dieses Getränk aus.
Bier ist übrigens auch drin, vierzig Prozent. Was das soll, Bier gemischt mit Caipi? Ein Caipi-Radler also, oder ein Caipi-Alster? Wobei: Von einer echten Caipirinha ist dieses Getränk genauso weit entfernt, wie von einem schmackhaften Pils. Beide Getränke müssen mit Ruhe und Konzentration zubereitet beziehungsweise gezapft werden, Limetten wollen geviertelt und gestampft sein, der braune Zucker muss klug dosiert werden, genauso wie der Cachaça; serviert auf Crushed-Eis. Sonst wird aus dem brasilianischen Kult-Cocktail ein widerliches Gesöff. Caipi in der Dose? Stillos. Caipi auf Bier? Kulinarischer Terror!
Idiotisches zur WM
Bild 1 von 20:
dpa
Bild 2 von 20: Es wird immer schlimmer. Die Schland-Aktivisten kennen keine Gnade. Auch die wehrlosesten Geschöpfe müssen für die WM-Hysterie der Deutschen herhalten.
Ulrich Würdemann
Bild 3 von 20: Meinem Gesicht fehlt die Balance. Über das Flaumstadium ist mein Schnauzer nie hinausgekommen. Dieses Ungleichgewicht zwischen den Ohren macht mich wahnsinnig. Die Lösung meines Problems: der Fan-Bart.
taz
Bild 4 von 20: Die Frühe Adonislibelle (Pyrrhosoma nymphula) hat schwarze Beine, einen roten Rumpf und rot-gelbe Augen. Was hat sich die Evolution nur dabei gedacht?
Ralf Melchert
Bild 5 von 20: Die Deutschlandküsse gehen äußerlich voll in die Offensive. Es wimmelt von schwarz-rot-goldenen Streuseln. Geschmacklich wissen die dickmachenden Dickmänner allerdings eher weniger zu begeistern. Die Schokolade fad, die Waffel labberig. Und die Füllung erinnert stark an den WM-Freistoßschaum.
taz
Bild 6 von 20: Caipirinha trifft Bier - ein Getränk, so weit entfernt vom deutschen Reinheitsgebot wie Spanien vom WM-Finale. Wohl bekomm's!
taz
Bild 7 von 20: Tätowierte Kicker tragen gern religiöse Motive auf ihrer Haut. Fans hingegen glauben an ihr Team. Wenn Fans aber die Halbwertszeit einer echten Tätowierung zu lang ist, sind Tattoo-Ärmel eine schmerzfreien Alternative. Zum Beispiel mit der Aufschrift: "Wir glauben an Euch." Praktisch dabei: Man kann den Glauben auch jederzeit wieder ablegen.
Werbeprospekt
Bild 8 von 20: Kondome in den Deutschland-Farben: damit beim euphorisierten Schland-Kopulieren auch ja nichts schief geht. So wie bei der WM 2006, als es neun Monate später in Deutschland einen Baby-Boom zu verzeichnen gab.
dpa
Bild 9 von 20: Die Caxirola ist die Nachfolgerin der Vuvuzela. Zwar ist sie wesentlich leiser, doch sorgte sie als Wurfgeschoss in Stadien trotzdem schon für Unmut. Auch wir meinen: Zum Wegwerfen!
taz
Bild 10 von 20: Fußball-Aficionados wird's freuen: Eine Drogeriemarktkette bietet zur WM Klopapier mit aufgedruckten Fußbällen an. Damit man auch in sehr privaten Momenten nicht auf das Runde verzichten muss. Eignet sich aber genauso als Statement für Fußball-Gegner: Fußball ist für'n Arsch.
Manuel Schubert
Bild 11 von 20: Schwarz-Rot-Gold von Kopf bis Fuß – die Schland-Socke macht's möglich. Im Gegensatz zu Autofahnen und Balkonbeflaggung kommt sie weitaus subtiler daher. Nur in bestimmten Situationen blitzt sie neckisch auf Knöchelhöhe auf. Wir begrüßen dieses modische Understatement nur bedingt.
Manuel Schubert
Bild 12 von 20: Die Suchmaske von Google kommt regelmäßig im neuen Antlitz daher. Zum WM-Auftakt der DFB-Elf mit animierten Buchstaben in Schwarz-Rot-Gold und ganz viel „Schlaaaand“. Google, ein Fan, den kein Mensch braucht.
Screenshot: google.de
Bild 13 von 20: Der Weltmeister-Kartoffelsalat aus dem Teutoburger Wald liefert dem deutschen Fußballfan eine gesunde Basis, um 90 Minuten auf dem heimischen Grillplatz zu bestehen.
Screenshot: homann.de
Bild 14 von 20: Eine Sportsbar in Milwaukee baut eine Favela nach - irgendwie muss man die wenig fußballbegeisterten US-Amerikaner ja anlocken. Ob als Militärpolizisten verkleidete Kellner die Gäste realitätsgetreu mit Gummigeschossen malträtieren, ist nicht bekannt.
Screenshot: onmilwaukee.com
Bild 15 von 20: Zum WM-Auftakt reden und schreiben alle über Fußball. Fast alle. Die taz tut nur so, als ob es um Fußball ginge. Es geht aber um Flüchtlingskinder und das Ganze in Kreisform.
taz
Bild 16 von 20: Endlich wieder Weltmeisterbrötchen, die ihren Namen verdienen. Wären da nicht die Markenrechte der Fifa, die solche Teigwaren verbieten. Müssen wir in Zukunft also Laugenfußballfangebäck beim Bäcker bestellen?
Screenshot cafe-future.net
Bild 17 von 20: Ein Kartoffelsalathersteller wirbt zur WM mit einer jungen Dame in sorbischer Tracht und Fähnchen. Nationalstolz und so: Wenn Fußball gespielt wird, dürfen auch wir Deutschen das.
Marlene Halser
Bild 18 von 20: Mit Hashtags wie #ManuelsKoffer oder #allinornothing machen Unternehmen Twitter-PR – für die WM und für sich selbst. Bei so viel Social-Media-Müll hofft man, dass aus all diesem PR-Mist nichts wird. #Wunschtraum.
Screenshot: Allianz
Bild 19 von 20: Landesflaggen haben zur WM Hochkonjunktur. Am Auto, am Fahrrad, am Kinderwagen – Hauptsache, es wedelt in Schwarz-Rot-Gold. Weil die Flaggen nicht groß genug sein können, gibt es in diesem Jahr sogar Gardinen in Nationalfarben.
Screenshot: la-melle.de
Bild 20 von 20: Bei der WM 2010 in Südafrika sorgte die Vuvuzela für ohrenbetäubenden Lärm. Zur WM in Brasilien soll nun ein neues Instrument die Gehörgänge quälen: die „Combinho“. Das schwarz-rot-goldene Foltergerät ist eine Kombination aus Trommel, Rassel, Ratsche und Pfeife.
Screenshot: youtube.de
Doch zur Ehrenrettung des „WM Bier Mix Caipirinha“ muss eine Zutat hervorgehoben werden, die es so in einem Kaltgetränk wohl noch nie gab: Die Färberdistel (Carthamus tinctorius). Das Öl aus den Samen dieses Gewächses gilt als besonders gesund und wird im Bioladen zu Höchstpreisen angeboten. In der traditionellen chinesischen Medizin ist die Färberdistel für Teeaufgüsse bekannt. Kosmetik- und Süßwarenindustrie gewinnen aus den Blütenblättern die Farbstoffe Carthamin und Carthamidin.
Und glaubt man Wikipedia, dann wurde die Pflanze früher in Moldawien bei Abtreibungen eingesetzt. Was diese Distel ausgerechnet im Caipi-Radler zu suchen hat, wird wohl auf ewig das Geheimnis der Lebensmitteltechniker bleiben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei!
Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Donald Trump wählt seine Mannschaft
Das Kabinett des Grauens
Zweite Woche der UN-Klimakonferenz
Habeck wirbt für den weltweiten Ausbau des Emissionshandels