WM-Kämpfe im Frauenboxen: Der irische Superstar
Chantelle Cameron besiegte Boxweltmeisterin Katie Taylor. Bald könnte sie zu den Topstars der noch kleinen Szene gehören.
„Homecoming“ war der Kampf gelabelt, denn Katie Taylor ist in ihrer Heimat Irland ein Superstar, aber meist hat sie in England oder Amerika geboxt. Am Samstag wurde Taylor in Dublin vom Publikum gefeiert, während ihre Gegnerin Chantelle Cameron aus England ausgebuht wurde.
Mit Taylor boxte die Weltmeisterin im Leichtgewicht, anerkannt von vier Verbänden, und mit Cameron die Weltmeisterin im Super-Leichtgewicht, anerkannt auch von vier Verbänden. Sie hatte vor dem Samstag einen Kampfrekord von 17 Kämpfen/17 Siegen. Taylor von 22/22. Sehr gleich also, aber: Taylor ist eben der Superstar des Profiboxens. Im April 2022 bezwang sie Amanda Serrano (USA). In Irland hat die Olympiasiegerin und Ex-Fußballerin höchste Popularitätswerte.
Gewonnen hat aber Chantelle Cameron. Es ist die erste Profiniederlage Taylors, und das ist die Sensation. „Ich war wie versteinert, dass ich vielleicht den Sieg nicht bekommen würde“, umriss Cameron nach ihrem Punktsieg die schwierige Ausgangslage. „Ich hatte das beim Boxen schon einmal gesehen, es war meinem Team schon einmal passiert.“ Und auch Taylor, die in erst in den letzten Runden in den Kampf kam, wollte vor dem Richterspruch nichts ausschließen. „Ich bin mir nicht sicher“, sagte sie und fügte redlicherweise an, „um ehrlich zu sein.“
Dabei waren alle Daten eindeutig: Cameron hatte mehr Treffer (141 statt 111) und mehr Punches, also hart geschlagene Treffer (114 statt 90). Ihre WM-Gürtel wird Katie Taylor behalten, denn geboxt wurde um Camerons Super-Leichtgewichtstitel. Die bleiben nun nicht nur bei der Engländerin, sondern zudem hat Cameron den Aufstieg in die noch sehr kleine Szene der Superstars der Boxerinnenszene geschafft.
Große Kämpf sind was Besseres
„Ich möchte mehr Gürtel holen“, kündigte Cameron an. Das heißt, dass sie neben dem wahrscheinlichen Taylor-Rückkampf nun auch Kampfoptionen in anderen verwandten Gewichtsklassen hat. Sie könnte etwa auch gegen Amanda Serrano kämpfen, die Weltmeisterin im Federgewicht. Jede Option ist mit hohen Kampfbörsen noch attraktiver gemacht.
Und noch etwas ist schön. Im Frauenboxen waren nun binnen zwei Jahren hochattraktive Kämpfe zu sehen, die das Zeug haben, die „heilige Theorie vom Kampfrekord ohne Niederlage“, so der ESPN-Boxexperte Michael Rothstein, an der Boxpromoter und -manager hängen, obsolet werden zu lassen. Große Kämpfe sind was Besseres als ungeschlagene Boxer oder Boxerinnen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Negativity Bias im Journalismus
Ist es wirklich so schlimm?
Künstler Mike Spike Froidl über Punk
„Das Ziellose, das ist doch Punk“
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands