WM-Achtelfinale Costa Rica – Griechenland: Eine vollendete Tragödie
Costa Rica schlägt nach über 120 zähen Minuten Griechenland im Elfmeterschießen. Die „Ticos“ stehen nun erstmals in einem WM-Viertelfinale.
Die Startbedingungen: Griechenland kam überraschend und verdient zugleich ins Achtelfinale: Ein 2:1 mit einem Elfmetertor in der allerletzten Minute gegen die Elfenbeinküste reichte – nach torlosen Partien gegen Kolumbien (verloren) und Japan (Remis). Costa Rica hingegen schaffte mit Siegen gegen Uruguay und Italien das Achtelfinale vor dem letzten Vorrundenspieltag – an diesem reichte ein torloses Remis gegen England. Griechenland hat in der globalen Fußballwelt außer in Griechenland und bei seinen Auswanderern keine FreundInnen; Costa Rica seit Neuestem jede Menge.
Das Spiel: Es ist eine harte, konfuse Partie: Griechenland blockt durch geschickte Defensivaktionen jeden Anflug beherzter Offensive der Mittelamerikaner. Das Kreative ersticken war 2004 beim Gewinn der Euro in Portugal das Titelrezept. Zwei Chancen der Hellenen folgen – eine vereitelt der Costa Ricas Tormann Navas per Weltklasseparade nach Schuss von Salpingidis aus sechs Metern selbst, die andere versemmeln die Betoneuropäer. Tüchtig in Fahrt kommt die Partie nach der Halbzeit, als in der 53. Minute Bryan Ruíz den Ball einfach ins rechte Griechen-Eck kullern lässt – der Tormann der Europäer guckt verdutzt und müht sich nicht einmal, per Showeinsatz zu zeigen, dass er sich gegen das 0:1 stemmt.
Nun führen die Kämpfer aus Mittelamerika. Erschüttert wird das Spiel ab der 66. Minute: Oscar Duarte, etwas kraftlos, kommt zum Zweikampf mit Holebas eine Viertelsekunde zu spät – und foult. Die zweite Gelbe heißt: Platzverweis. Die Griechen stürmen nun. Das scheint ihre beste Krisenbewältigungsstrategie zu sein. Und tatsächlich gelingt Sokratis der Ausgleich kurz vor dem regulären Ende.
In der Verlängerung wird es grottiger als es zuvor überhaupt denkbar schien: Alle wirken irgendwie supererschöpft, kaum saubere Kombinationen, wenig Durchdachtes – alle sind darauf bedacht, bis zum Elfmeterschießen nicht einen Gegentreffer zu kassieren.
Dramafaktor Elfmeterschießen: Das Publikum muht stark bei griechischen Aktionen: Costa Rica beginnt. Borges dröhnt das Ding rein. Mitroglou gleich aus. Ruíz trifft ebenso, cooler Schuss. Lazaros hält den Anschluss, 2:2. Gonzalez bringt sein Team wieder in Führung. Holebas markiert ohne Probleme. Campbell, der Ackerer, locker zum 4:3. Gekas versemmelt – Navas hält. Umana besiegelt die griechische Krise: 5:3. Schluss, Aus, Drama ... und die griechische Tragödie ist vollendet.
Die Momente des Spiels: Ruíz‘ 1:0. Der Stürmer markierte bereits den Treffer gegen Italien. Damit ist die Mauerstrategie der Rehagel-Schüler bis zum Elfmeterschießen im Nu pulverisiert. Die Griechen gleichen aus – drei Minuten vor Schluss durch Sokratis. Und dass Gekas den Ball falsch setzt – und der Elfmeterhoeneß des Abends ist.
Der Spieler des Spiels: Tormann Keylor Navas vom spanischen Levante UD. Auf seine magischen Fängerqualitäten durften sich seine Mannschaftskameraden verlassen, bis zum Schluss. Er nimmt sogar Gelb für Zeitschinderei in Kauf. Und hält in der Verlängerung teils die absurdest sichersten Treffermöglichkeiten der Griechen.
Die Pfeife des Spiels: Nicht Torosidis, der mit seiner Hand einen Ball im eigenen Strafraum ins Gefahrlose lenkte – sondern Schiri Williamsen aus Australien, der diese schroffe Regelwidrigkeit übersah.
Die Schlussfolgerung: Ein Achtelfinale, überhaupt eine Partie der K.o.-Runde kann per se nicht langweilig sein: Am Ende siegt ein Team, das andere verliert. Trotzdem war es nur mäßig ergötzlich – trotz Verlängerung. Trotz Elfmeterschießen. Und: Costa Rica kriegt ab sofort keinen Kritikerbonus mehr. Die „Ticos“ müssen schon besser Fußball spielen, Klein-und-exotisch-sein reicht nicht.
Und sonst? Freude mit Costa Rica. Dieses feine Land ist nach Mexikos Pleite gegen Schummel-Mimosen-Robben das einzige Mittelamerikas, das im Viertelfinale steht. Venceremos!
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