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WAS MACHT EIGENTLICH ...… der Hauptbahnhof?Sich verpartnern

Was erwidert der Psychoanalytiker auf die Frage nach dem Weg zum Bahnhof? „Sie meinen sicher das lange, dunkle Gebäude, wo immer Züge rein- und rausfahren.“ Dieser zugegebenermaßen nicht ganz frische Witz drängt sich einfach auf angesichts der Nachricht, dass der Berliner Hauptbahnhof in Kürze eine Partnerschaft mit seinem Zürcher Pendant eingehen wird. Es ist schon die sechste Beziehung, nach Paris, Moskau, Kopenhagen, Warschau und Rom – Bahnhöfe müssen polygam sein.

Dabei sind im Fall Berlin/Zürich die Charakterunterschiede der Partner ziemlich ausgeprägt. Berlin: ein nigelnagelneuer Glaskasten aus edlem Hause, aber mit vielen Kinderkrankheiten. Zürich: eine Promenadenmischung diverser Bauepochen, dafür ohne abstürzende Fassadenteile. Die Station an der Spree besticht oben als sonnendurchflutete Ladenpassage, unten halten die Züge in fahlem Kunstlicht. Am Ufer der Limmat belegt dagegen die „Shopville“ den dunklen Keller – während oben fröhliches Gewusel an den Gleisen herrscht. Schließlich das urbane Umfeld: Hier kann Zürich mit der mondänen Bahnhofstraße punkten, wo in Berlin bis auf weiteres Ödnis und Tristesse walten.

Was soll’s – gemeinsame Nachkommen wird die Partnerschaft ja nicht hervorbringen. Es geht, laut der Bahn AG, um den „Erfahrungsaustausch zur Bahnhofsentwicklung, zum Betrieb und der Bewirtschaftung“. Das Sinnlichste wird eine Plakette sein, die an irgendeiner Säule auf den fernen Partner im Süden verweist. Ganz so erotisch sind Eisenbahnen eben doch nicht. CLP FOTO: RTR

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