piwik no script img

■ Vulkanesen im ArbeitskampfVor Gericht

Mit der Stunde Null kam der Verzicht auf alle Arbeitnehmerrechte, die Vulkanesen sich über lange Jahre erworben hatten. Innerhalb von zwei Tagen sollten die rund 5.000 Werften-Beschäftigten in Bremen und Bremerhaven einen von der IG-Metall befürworteten Vertrag unterschreiben, nach dem sie auf alte Rechte verzichteten, um in die mypegasus-Beschäftigungsgesellschaft zu wechseln. Als deren Leiharbeiter würden sie der Werft künftig günstiger kommen. Gewonnener Spielraum an Zeit und Geld würde in Überlebenskonzepte gesteckt. IG-Metallsicht: Das Modell klappt nur, wenn alle mitmachen. Doch 22 Beschäftigte der Schichau-Seebeck- und der Lloyd-Werft wollten nicht.

Die Kündigungsschutzklagen von insgesamt 22 Männern, darunter Kranführer, Schweißer und ein kaufmännischer Chef, beschäftigen in zweiter Instanz bald das Landesarbeitsgericht. Den Berufungsklagen der Parteien liegen dabei gegensätzliche Urteile zugrunde. Die erste Arbeitsgerichtskammer urteilte: Das Arbeitsverhältnis der Kläger gegen Schichau-Seebeck besteht weiter. Andere Kläger verloren vor der zweiten Kammer – „mit völlig unverständlicher Begründung“, so der Hamburger Arbeitsrechtler Rolf Geffken. Daß das Gericht die Kündigungsschutzklage seines Mandanten, ehemals Auftragsbeschaffer bei Schichau-Seebeck, abwies, sei absurd. Dessen zentraler Arbeitsplatz sei sofort neu besetzt worden. In der Ablehnung des Gerichts sei diese spezielle Situation aber mit keinem Wort erwähnt.

Auch andere kritisieren das Modell mypegasus. Die Bremerhavener Arbeitsrechtler Klemeyer betonen, daß das Fortbestehen einzelner Vulkanbetriebe auf Kosten der Schwächsten gehe. Unter Verzicht auf Arbeitnehmerschutz sei es möglich geworden, neue, „quasi olympiareife Mannschaften“zusammenzustellen.

Unterdessen feiert die Lloyd-Werft Vergleichserfolge. Auf der Bremerhavener Reparaturwerft gilt mit Beginn des Monats wieder die Vollbeschäftigung für die übriggebliebene Belegschaft von 421 Beschäftigten. ede

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen