Vorwürfe gegen „Jungle World“: Transfeindlichkeit im Jungle?
In einem offenen Brief kritisieren Autor*innen Transfeindlichkeit bei der Wochenzeitung „Jungle World“. Die Redaktion widerspricht.
Am Wochenende haben Autor*innen der Jungle World einen offenen Brief veröffentlicht, in dem sie anprangern, dass in dem Medium transfeindliche Texte veröffentlicht würden. In dem Brief mit 15 Erstunterzeichner*innen heißt es: „Es kann nicht sein, dass linke Zeitungen Inhalten einen Raum geben, die sich nur in Nuancen von der Hetze erklärter Antifeminist*innen unterscheiden.“ Die Argumente in den kritisierten Texte seien keine „solidarische Kritik“, sondern würden Ressentiments bedienen, die teilweise von denselben Autor*innen „beinahe wortgleich“ auch in Cicero und Welt wiederholt würden.
In dem Brief unterstreichen die Unterzeichner*innen gesellschaftliche wie staatliche Diskriminierung und Gewalt gegen trans Menschen. „Während trans Personen der Angst ausgeliefert werden, diskreditiert die Jungle regelmäßig ihren Kampf um Nischen der Selbstbehauptung.“ Sie machen sich wiederholende Motive aus: Transfeindliche Gewalt werde verharmlost und trans Frauen würden als Aggressorinnen dargestellt. Der Kampf um trans Rechte werde einseitig als autoritär und „hysterisch“ diffamiert.
„Wir beklagen, dass Transfeindlichkeit immer wieder eine Plattform bekommt und als zentrales Ideologem des aktuellen Antifeminismus und der Querfront offenbar nicht ernst genommen wird.“ Die Jungle werde ihrem Anspruch als linksradikale Zeitung nicht gerecht.
Auf Nachfrage erhielt die taz am Dienstag ein Statement der Redaktion. Darin unterstreicht sie ihre Pluralität und ihre Berichterstattung über Feindschaft gegen trans Menschen. Diese Feindschaft würde die Zeitung auch bekämpfen. Allerdings heißt es weiter: „Zu Transaktivismus gibt es keine einheitliche Position innerhalb der Redaktion.“
Auch die Unterzeichner*innen des Briefes wissen um die Pluralität in der Zeitung. Thorsten Mense schrieb auf Twitter, es gehöre dazu, dass sein Name in der Jungle World auch neben Texten stehe, die ihm „eher unangenehm“ seien. „Wenn es um Transgeschlechtlichkeit geht, liest sich der Dschungel aber regelmäßig wie ein Supplement der Welt und nicht wie eine linke Zeitung.“
Im Statement der Redaktion heißt es: „Wir haben immer Wert darauf gelegt, auch linke Strömungen nicht von Kritik auszunehmen.“ Diesen ordnet sie auch „Transaktivismus“ zu. „Die Debatte über das Thema werden wir sowohl intern als auch in der Zeitung fortsetzen. Die Autor:innen des offenen Briefs waren nie daran gehindert, sich daran zu beteiligen.“
Mitte Februar hatten mehr als 1.200 Mitarbeitende der New York Times einen offenen Brief an die Zeitung geschrieben und dort ebenfalls die Berichterstattung über trans Menschen kritisiert.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Thüringen
Das hat Erpresserpotenzial
Friedenspreis für Anne Applebaum
Für den Frieden, aber nicht bedingungslos
BSW in Sachsen und Thüringen
Wagenknecht grätscht Landesverbänden rein
Rückkehr zur Atomkraft
Italien will erstes AKW seit 40 Jahren bauen
Klimaschädliche Dienstwagen
Andersrum umverteilen
Tech-Investor Peter Thiel
Der Auszug der Milliardäre aus der Verantwortung