Vorstoß im EU-Parlament: Große Koalition für TTIP
Martin Schulz legt einen neuen Vorschlag zum Freihandelsabkommen vor. Die Grünen beklagen ein „Täuschungsmanöver“.
Mit TTIP soll der größte Wirtschaftsraum der Welt entstehen. Vor allem die vorgesehenen privaten Schiedsgerichte, vor denen Investoren gegen Staaten klagen können, sorgen für Protest, auch in der sozialdemokratischen Fraktion des Europäischen Parlaments. Schulz’ Vorschlag sieht vor, die Schiedsgerichte durch „ein neues System“ für Investorenklagen zu ersetzen. Bei der Sitzung der sozialdemokratischen Fraktion am Mittwoch stimmten 56 Abgeordnete für den Vorschlag, 34 dagegen. Keiner enthielt sich.
Der Vorstoß ist offenbar mit den Konservativen abgestimmt. „Wir gehen davon aus, dass die Konservativen damit leben können“, heißt es in der sozialdemokratischen Fraktion.
Die Grünen können das nicht. Das sei kein Kompromissvorschlag, erklärte der grüne Europaabgeordnete Reinhard Bütikofer. „Es handelt sich vielmehr um ein weiteres Täuschungsmanöver“, sagte er. Statt allgemeiner Bekenntnisse sei die Klarstellung erforderlich, dass Investorenklagen ausgeschlossen werden. Mit Schulz’ Vorschlag seien die nicht vom Tisch, sagte die grüne Europaabgeordnete Ska Keller. „Die Formulierung ‚neues System‘ ist zu vage, das kann alles sein.“
Nächste Verhandlungsrunde beginnt im Juli
Ursprünglich sollte das Parlament am 10. Juni eine Stellungnahme zu TTIP verabschieden. Schulz hatte den Punkt mangels Mehrheit von der Tagesordnung genommen und an den Handelsausschuss zurückgegeben. Der hatte die Anträge am Montag ohne Diskussion ans Plenum zurücküberwiesen. Am Donnerstag entscheiden Schulz und die Vorsitzenden der Fraktionen, ob TTIP in der kommenden Woche auf die Tagesordnung kommt. Am 13. Juli beginnt die nächste Verhandlungsrunde zwischen EU und USA.
Auch außerparlamentarische Kritiker lehnen Schulz’ Kompromiß ab. Es sei enttäuschend, dass Schulz versuche, die tiefgreifenden Differenzen zum Investorenschutz im Europäischen Parlamant zu kaschieren, um die Große Koalition dort zu erhalten, sagte Ernst-Christoph Stolper, Sprecher der europäischen Bürgerinitiative Stopp TTIP. Auch in anderen Punkten müsse der vorliegende Entwurf der Resolution geändert werden, forderte er. Das gelte etwa für Passagen, die den Klimaschutz und die Energiewende aushebeln.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Krieg in der Ukraine
Keine Angst vor Trump und Putin