Vorstoß aus Baden-Württemberg: Wahlkampffaktor Frau
Baden-Württembergs Innenminister setzt sich plötzlich für den Schutz von Frauen ein. An seinem Vorstoß ist etwas dran, aber er geht nicht weit genug.

Entdeckt neue Wahlkampfthemen: Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl Foto: Arnulf Hettrich/imago
Spätestens, wenn sich Politiker:innen zu Themen äußern, mit denen sie noch nie in Verbindung gebracht wurden, ist klar: Der Wahlkampf hat begonnen. In diesem Fall ist es Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl.
Der CDU-Mann will sich jetzt für mehr Schutz von Frauen einsetzen – und nutzt dafür die Innenminister:innenkonferenz, die ab Mittwoch tagt. Bei seinen Kolleg:innen will er dafür werben, dass Fälle mit frauenfeindlichem Hintergrund als eigener Straftatbestand in der polizeilichen Kriminalstatistik geführt werden.
Man hört und staunt. Denn der CDU-Mann hat recht: Jeden dritten Tag wird einer Frau das Leben genommen – von ihrem Partner oder Expartner. Die Kriminalstatistik zählt allein für 2019 fast 141.800 Opfer von Partnerschaftsgewalt, 81 Prozent von ihnen sind Frauen. An dieser Stelle ist der geschlechtsspezifische Aspekt in der Polizeistatistik bereits vorhanden. Aber Strobl will mehr: So schwebt ihm vor, auch misogyne Angriffe im Netz gesondert aufzulisten.
Auch hier hat er wieder einen Punkt: Hassattacken gegen Frauen haben in den vergangenen Jahren zugenommen. Einer Studie der Hilfsorganisation Plan International zufolge werden 70 Prozent der Mädchen und jungen Frauen in Deutschland in den sozialen Medien mindestens einmal bedroht, beleidigt, diskriminiert.
Da geht noch was, Herr Strobl!
Bei den Grünen, dem Koalitionspartner der CDU in Baden-Württemberg, rennt Strobl mit seinem Vorstoß offene Türen ein. Das ist kaum verwunderlich: Einerseits steht der Kampf gegen Gewalt an Frauen im Koalitionsvertrag in Baden-Württemberg. Andererseits muss, wer heute bei Wahlen punkten will, vor allem die Frauen auf seine Seite ziehen.
Nun ist valides Zahlenmaterial das eine, das andere sind Maßnahmen gegen Gewalt. An dieser Stelle fehlen leider Ideen. Wo bleibt mehr Geld für mehr Plätze in Frauenhäusern? Wo bleibt die Ansage, das Umgangsrecht für gewalttätige Väter zu überdenken? Und wo bleibt die Initiative, den Graubereich Internet sicherer zu machen? Da geht noch was, Herr Strobl!
Vorstoß aus Baden-Württemberg: Wahlkampffaktor Frau
Baden-Württembergs Innenminister setzt sich plötzlich für den Schutz von Frauen ein. An seinem Vorstoß ist etwas dran, aber er geht nicht weit genug.
Entdeckt neue Wahlkampfthemen: Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl Foto: Arnulf Hettrich/imago
Spätestens, wenn sich Politiker:innen zu Themen äußern, mit denen sie noch nie in Verbindung gebracht wurden, ist klar: Der Wahlkampf hat begonnen. In diesem Fall ist es Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl.
Der CDU-Mann will sich jetzt für mehr Schutz von Frauen einsetzen – und nutzt dafür die Innenminister:innenkonferenz, die ab Mittwoch tagt. Bei seinen Kolleg:innen will er dafür werben, dass Fälle mit frauenfeindlichem Hintergrund als eigener Straftatbestand in der polizeilichen Kriminalstatistik geführt werden.
Man hört und staunt. Denn der CDU-Mann hat recht: Jeden dritten Tag wird einer Frau das Leben genommen – von ihrem Partner oder Expartner. Die Kriminalstatistik zählt allein für 2019 fast 141.800 Opfer von Partnerschaftsgewalt, 81 Prozent von ihnen sind Frauen. An dieser Stelle ist der geschlechtsspezifische Aspekt in der Polizeistatistik bereits vorhanden. Aber Strobl will mehr: So schwebt ihm vor, auch misogyne Angriffe im Netz gesondert aufzulisten.
Auch hier hat er wieder einen Punkt: Hassattacken gegen Frauen haben in den vergangenen Jahren zugenommen. Einer Studie der Hilfsorganisation Plan International zufolge werden 70 Prozent der Mädchen und jungen Frauen in Deutschland in den sozialen Medien mindestens einmal bedroht, beleidigt, diskriminiert.
Da geht noch was, Herr Strobl!
Bei den Grünen, dem Koalitionspartner der CDU in Baden-Württemberg, rennt Strobl mit seinem Vorstoß offene Türen ein. Das ist kaum verwunderlich: Einerseits steht der Kampf gegen Gewalt an Frauen im Koalitionsvertrag in Baden-Württemberg. Andererseits muss, wer heute bei Wahlen punkten will, vor allem die Frauen auf seine Seite ziehen.
Nun ist valides Zahlenmaterial das eine, das andere sind Maßnahmen gegen Gewalt. An dieser Stelle fehlen leider Ideen. Wo bleibt mehr Geld für mehr Plätze in Frauenhäusern? Wo bleibt die Ansage, das Umgangsrecht für gewalttätige Väter zu überdenken? Und wo bleibt die Initiative, den Graubereich Internet sicherer zu machen? Da geht noch was, Herr Strobl!
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Schwerpunkt Bundestagswahl 2021
Kommentar von
Simone Schmollack
Ressortleiterin taz.de
Ressortleiterin taz.de / Regie. Zuvor Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es immer wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
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