Vorsorge für den Lieferstopp: Glos will nationale Gasreserve
Wegen der Spannungen mit Russland lässt der Bundeswirtschaftsminister den Aufbau einer strategischen Gasreserve prüfen. Unternehmen wie Eon lehnen die Idee ab.
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BERLIN taz Im Zusammenhang mit der Krise im Kaukasus erwägt Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) den Aufbau einer nationalen Erdgasreserve. Die Idee greift zurück auf die Zeiten des Kalten Krieges: Seit den 1960er-Jahren verfügt Deutschland über strategische Ölreserven für den Krisenfall. "Der Konflikt in Georgien zeigt, dass wir uns auch beim Gas nicht noch stärker einseitig abhängig machen dürfen", sagte Glos der FAZ. Er will seine Idee prüfen lassen und im Herbst Ergebnisse präsentieren.
Erdgas deckt knapp 23 Prozent des deutschen Primärenergieverbrauchs. Gut ein Drittel des importierten Gases stammt aus Russland. Nach dem Einmarsch der georgischen Truppen in der Provinz Südossetien, dem Gegenschlag Russlands und der Anerkennung Südossetiens und Abchasiens durch die russische Regierung nehmen die Spannungen mit der Nato und der Europäischen Union zu. Bisher hat Russland seine Lieferverträge allerdings immer erfüllt. Nur selten kam es zur Verringerung der Gaslieferung. Derzeit lagern die Gaskonzerne in unterirdischen Speichern Gasvorräte, mit denen sie Deutschland bis zu 90 Tage versorgen können. Sie sind Eigentum der Unternehmen.
Beim Öl ist das anders. Seit den 1960er-Jahren und verstärkt seit der Ölkrise von 1973 existiert eine nationale Reserve, die in rund 120 Lagern im Bundesgebiet liegt. Unter anderem in niedersächsischen Salzstöcken verwahrt der Erdölbevorratungsverband (EBV) Rohöl und Benzin. Die Mineralölkonzerne sind Pflichtmitglieder des EBV, dessen Reserven nur die Bundesregierung freigeben kann. Die Kosten der Öllagerung werden umgelegt auf die Verbraucher. Pro Liter Benzin und Heizöl macht das gut 0,4 Cent. Ähnlich müsste das bei der nationalen Gasreserve funktionieren. DerAußenhandelsverband für Mineralöl und Energie (AFM+E) hat ausgerechnet, dass anfangs 2 Milliarden Euro jährlich notwendig wären, um staatliche Gasreserven für weitere 90 Tage anzulegen. Das würde Verbraucher etwa 0,18 Cent pro Kilowattstunde kosten, einen Durchschnittshaushalt rund 40 Euro pro Jahr.
Unternehmen weisen Glos Anregung zurück. "Eine strategische Reserve würde das Erdgas weiter verteuern, die Verbraucher unnötig belasten und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen einschränken", sagte Eon-Ruhrgas-Sprecherin Astrid Zimmermann. Bernd Schnittler, Geschäftsführer des AFM+E-Verbands, sieht das anders. Der taz sagte er: "Es ist sinnvoll, eine Gasreserve aufzubauen, sonst ist Deutschland erpressbar."
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