Vorschriften zur ökologischen Tierhaltung: Tierschützer wollen härtere Bio-Regeln
Die EU soll vorschreiben, wie gesund Ökovieh sein muss, fordert der Tierschutzbund. Bislang sind viele Ökotiere so krank wie konventionell gehaltene.
Die EU-Institutionen verhandeln seit Jahren über einen Entwurf der Europäischen Kommission für eine Reform der Ökoverordnung. Weil die EU-Institutionen sich auch nach so langer Zeit nicht einigen konnten, haben sie die Gespräche am 7. Dezember des vergangenen Jahres auf unbestimmte Zeit vertagt. Jetzt beraten alle Seiten erneut, welche Forderungen sie noch durchsetzen können. Für den Tierschutzbund ist das eine Gelegenheit, für seine Position zu werben.
Verbandschef Schröder lobt zwar, dass die Biovorgaben etwa für mehr Platz im Stall besser seien als die Vorgaben der konventionellen Tierhaltung. Das reiche aber nicht aus, weil nicht erfasst werde, „ob es den Tieren in dieser Haltung dann auch tatsächlich gut geht“. Hintergrund für diese Herangehensweise sind Studien, wonach etwa die durchschnittliche Biokuh nicht gesünder als ihre Artgenossen auf herkömmlichen Höfen ist.
Deshalb muss eine reformierte Ökoverordnung die Biobranche dem Tierschützer zufolge auch zu „Grenzwerten für Mast-, Milch- beziehungsweise Legeleistung der Tiere“ verpflichten, „da eine züchterisch stark erhöhte Leistung gesundheitliche Probleme nach sich zieht“. Schröder unterstützte einen Kompromissvorschlag in den EU-Verhandlungen, der solche Grenzwerte vorsieht.
Gravierende Probleme bei Schlachtung und Transport
Der Tierschutzbund vermisst jedoch immer noch ausreichende Vorgaben, die dem Vieh es ermöglichen würden, seine natürlichen Verhaltensweisen auszuleben. Als Beispiel nannte Schröder „angemessenen Sozialkontakt“ der Tiere. „Ebenso fehlen Vorgaben zu Strukturelementen, Beschäftigungsmaterial, artgerechter Bodenbeschaffenheit und angemessenen Gruppengrößen.“
Insbesondere die nach wie vor erlaubte Anbindehaltung von Rindern in Kleinbetrieben ist nach Ansicht Schröders nicht mit dem Biogedanken vereinbar. Dabei dürfen die Tiere beispielsweise mit einer Kette an einer Stelle im Stall fixiert werden, wenn sie im Sommer auf die Weide und im Winter an mindestens zwei Tagen pro Woche für eine Stunde in den Auslauf gehen können.
„Auch genaue Vorgaben zu Schlachtung und Transport fehlen“, kritisiert Schröder. Gerade dort gebe es aber gravierende Probleme. „Wir fordern daher spezifische Vorgaben, ähnlich wie wir sie auch bei unserem Tierschutzlabel ‚Für Mehr Tierschutz‘ eingeführt haben.“ Dieses Siegel schreibt zum Beispiel vor, dass Mastschweine in der Regel höchstens vier Stunden transportiert werden dürfen. Die derzeitige Ökoverordnung nennt keine konkrete Dauer für den Transport des Schlachtviehs.
Obergrenzen für die Zahl der Tiere in einem Betrieb hält der Verband vor allem aus ökologischen Gründen für sinnvoll. Wenn die Tierhaltung an die Flächengröße des jeweiligen Hofs, der die Tiere hält, gebunden wäre, würde diese Vorgabe den Nährstoffeintrag in die Umwelt durch Gülle verringern. Für Schröder gilt dennoch: „Für den Tierschutz sind aber Management und Haltungsbedingungen entscheidender.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind