Vorschläge zur staatlichen Kontrolle: Drei Wege aus der Bankenkrise
Der Markt wird's schon richten, lautete jahrelang das Credo. Nun gesteht der IWF, dass die Selbstregulierungskräfte des Marktes versagt hätten und fordert staatliche Kontrollen.

Die derzeitige Finanzkrise wurde durch hochspekulative Geschäfte auf dem US-Hypothekenmarkt ausgelöst. Nun kursiert eine Reihe von Vorschlägen, um zu verhindern, dass sich eine Krise dieses Ausmaßes wiederholt.
Mehr Eigenkapital. Als Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) unlängst vor dem Bundestag seine Regierungserklärung zur Finanzkrise abgab, klang er entnervt: "Das Marktinteresse allein wird nicht ausreichen, um Inkompetenzen und Fehlverhalten in Zukunft zu verhindern", sagte er. Er meinte: Die Politik muss eingreifen. Konkret regte er an, das internationale Bankenabkommen "Basel II" zu verbessern. Die Banken sollten künftig dazu verpflichtet werden, mehr Eigenkapital in Reserve zu halten, um ihre risikoreichen Geldanlagen abzusichern. Die Eigenkapitalsumme könnte um 1 oder 2 Prozent erhöht werden, heißt es im Finanzministerium. Der größere "Eigenkapitalpuffer" würde auch bedeuten, dass die Banken für ihre Geschäfte selbst stärker haften müssten als bisher. "Das würde bei Investmanagern den Anreiz verstärken, mehr auf die wirtschaftliche und weniger auf die spekulative Bewertung ihrer Engagements zu achten", sagt Steinbrück.
Mehr Offenheit. Zu den Absurditäten der Finanzkrise gehört, dass es zwar auch in Deutschland Aufsichtsbehörden gibt, diese aber ihre Aufsicht an wichtigen Stellen nicht ausüben konnten. Gerade die Geschäfte, die die Krise verursacht haben, mussten bislang nicht in den Bilanzen der Banken vermerkt werden. So konnte etwa die angeschlagene Sächsische Landesbank mithilfe ihres Ablegers in Irland, eines sogenannten Investment Vehicle, risikoreiche Geschäfte so lange verschleiern, bis Abschreibungen in Milliardenhöhe unausweichlich wurden. Jochen Sanio, der Präsident der deutschen Finanzmarktaufsicht (BaFin), schlägt ferner vor, die Bewertungsregeln für Wertpapiere zu ändern. Es habe keinen Sinn, die Wertpapiere nur mit ihrem stark schwankenden aktuellen Wert zu bilanzieren. Hohe kurzfristige Wertverluste könnten Krisen verstärken. Stattdessen müsse man stärker den Substanzwert berücksichtigen.
Mehr Kontrolle. Bei der Finanzmarktaufsicht in Deutschland geht es augenblicklich noch ziemlich durcheinander. Die Kompetenzen sind hübsch aufgeteilt zwischen Bundesfinanzministerium, Bundesbank und Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. Laut Gesetz übernimmt beispielsweise die Bundesbank die laufende Kontrolle der Finanzinstitute. In manchen Fällen darf aber auch die Finanzmarktaufsicht eingreifen. Sie hat beispielsweise das Recht, Institute zu schließen, wie am Mittwoch im Falle der Weserbank in Bremerhaven geschehen. Als allmählich sichtbar wurde, dass die Sächsische Landesbank im Zusammenhang mit faulen Immobilienkrediten in Probleme geriet, versandeten Gegenmaßnahmen im Kompetenzwirrwarr zwischen Bundesbank und BaFin. Eine wirksamere Struktur der deutschen Finanzmarktaufsicht durchzusetzen hat die große Koalition sich vorgenommen. Bislang ist sie damit aber gescheitert.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
Prozess gegen Maja T.
Ausgeliefert in Ungarn