Vorschläge für die Eurozone: Bescheidene Reformer
Die Währungsunion ist noch nicht krisenfest, warnt die EU-Kommission. Es brauche mehr wirtschaftliche Angleichung. Brüssel wagt Tippelschritte.
„Der Status Quo ist keine Option“, sagte Währungskommissar Pierre Moscovici bei der Vorstellung des Papiers, das er mit Kommissionsvize Valdis Dombrovskis geschrieben hat. Der Aufschwung in der Eurozone sei noch zu schwach und vor allem zu ungleichmäßig, um für „Konvergenz“ zu sorgen.
Konvergenz – das scheint denn auch das neue Leitmotiv der Brüsseler EU-Politiker zu sein. Gemeint ist die Angleichung der wirtschaftlichen Bedingungen. Ohne diese werde die Unzufriedenheit mit dem Euro weiter wachsen, warnte Moscovici. „Wir müssen uns mit der realen Gefahr auseinandersetzen, dass wir eine Währungsunion der zwei Geschwindigkeiten bekommen könnten.“ Deshalb müsse die EU jetzt handeln.Die Zeit scheint günstig. Nach der Wahl des EU-Anhängers Emmanuel Macron in Frankreich öffne sich „ein Fenster der Gelegenheit“, sagte Moscovici. Allerdings schlägt die EU-Kommission noch keine Gesetzesänderungen vor. In Brüssel will man die Bundestagswahl in Deutschland abwarten.
Die Euro-Reformer sind bescheidener geworden. Zunächst konzentriert sich die EU-Kommission nun auf eine weitere Stärkung der Banken und Kapitalmärkte. So dringt sie auf die Umsetzung bekannter, aber von Berlin ausgebremster Konzepte wie einer europäischen Einlagensicherung.
Konkret soll es später werden
Zudem wirbt Brüssel für europäische Schuldscheine, die als „Finanzinstrument für eine gemeinsame Emission von Schuldtiteln“ vorgestellt werden. Dabei soll es aber ausdrücklich nicht um die Vergemeinschaftung alter Schulden gehen. Mit Rücksicht auf Deutschland will die Kommission zudem noch „weitere Überlegungen“ anstellen. Konkret werden soll es erst nach 2020.
Für das kommende Jahrzehnt nimmt sich Brüssel auch die umstrittenen institutionellen Reformen vor. So soll ein ständiger hauptamtlicher Vorsitzender der Eurogruppe kommen, aus der Eurogruppe soll ein offizieller EU-Rat werden. Nach 2020 werden auch ein Schatzamt und ein Europäischer Währungsfonds erwogen. Für den „EWF“ wirbt vor allem Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble.
Währungskommissar Moscovici
Schäuble warnt aber auch stets vor Vertragsänderungen und einer „Vergemeinschaftung von Schulden“. Daran habe sich nichts geändert, hieß es am Mittwoch aus Berlin. Die Kommission wird wohl Überzeugungsarbeit leisten müssen. Auf Unterstützung kann sie aus Frankreich rechnen: Viele Ideen erinnern an Vorschläge von Präsident Macron.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Krieg in der Ukraine
Russland droht mit „schärfsten Reaktionen“
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken